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Und sie spielen, spielen und spielen - mein Auftackt zur Spiel-Serie

Stell dir vor: du verbringst zuhause Zeit mit deinen Kindern und einen Großteil dieser Zeit verbringen deine Kinder tief versunken in ihren Spielen. Kreative Spiele, die deine Kinder erfüllen und zufrieden machen. Spiele, die dir Freiräume ohne schlechtes Gewissen eröffnen. Ein Wunschtraum oder Realität?

 

Wenn es bei dir bereits so ist – meinen aufrichtigen herzlichen Glückwunsch! Vielleicht hast du Lust mir und meinen Lesern in dieser Serie mit Tipps und Tricks zur Seite zu stehen.

 

Doch wenn es bei dir überhaupt nicht so ist, dann ist das für dich: Zufrieden und viel gemeinsam spielende Kinder sind keine Zauberei oder ein Glückstreffer. Es braucht ein paar wichtige Zutaten bzw. Umstände, die uns eben leider nicht als eine Art Bedienungsanleitung mitgeliefert wurden. Nach viel Lektüre und viel ausprobieren möchte gerne mit dir teilen, was meinen drei Räubern und mir zu glücklichen Spielzeiten und Freiräumen im Alltagstrubel verholfen hat. Fühl dich eingeladen auf diese Reise, auf welche auch wir uns begeben haben: auf eine Reise in die Welt des kreativen Spielens.

 

Da dieses Thema sehr umfangreich ist, habe ich eine ganze Serie dazu geplant. In diesem Serienauftakt geht es darum, wie ich zur Beschäftigung mit dem Spielen von Kindern gekommen bin und warum ich denke, dass viele Kinder nicht ganz von alleine ein für sie tief befriedigendes und uns Freiräume eröffnendes Spielverhalten entwickeln. Außerdem beschreibe ich die Vorzüge eines derartigen Spielens für die Kinder (und natürlich Eltern) sowie meine Herangehensweise, welche Inhalt dieser Serie sein werden. Ganz am Ende dieses Artikels warten die ersten Tipps auf dich, wie du die kindliche Bereitschaft selbstständig zu spielen fördern kannst. Außerdem eine Liste der bisher veröffentlichten Artikel der Spiel-Serie. Viel Spaß!

 

Wie ich dazu gekommen bin?

Vor etwa zwei Jahren war ich völlig überfordert vom quengeligen Baby, energiegeladenen Kleinkind und gelangweilten Vorschulkind – jeder brauchte etwas anderes bzw. jeder brauchte „Mama!“. Und keiner konnte sich lange alleine beschäftigen. Miteinander schon garnicht. Als wir dann auch noch komplett auf den Kindergarten verzichteten, war es gewissermaßen das Ticket in den Mama-Burn-Out.

 

Nach und nach hab ich es jedoch geschafft nicht nur unsere Beziehungen einfacher und intensiver zu gestalten sowie meine eigenen Bedürfnisse zu entdecken und zu integrieren, sondern eben auch die Kinder an ein für sie erfüllendes, oft gemeinsames und kreatives Spielverhalten heranzuführen. Seitdem können wir alle unsere gemeinsamen Tage sehr viel mehr genießen: die Kinder sind ausgeglichener und ich habe Freiräume für mich und diesen Blog.

 

Warum finden viele Kinder nicht in ein erfüllendes, selbstständiges Spiel?

Es scheint mir ein Problem unserer Zeit zu sein. Man könnte sagen „Aber Kinder können doch spielen – schließlich machen sie das den ganzen Tag“ oder „Bitte nicht noch ein Punkt, für den wir als Eltern verantwortlich sein sollen. Früher haben die Kinder doch auch den ganzen Tag gespielt ohne spezielle Vorkehrungen der Eltern.“

 

Beides ist ein „Ja, aber …“-Fall. Natürlich spielen viele Kinder von sich aus sehr viel. Beobachtet man Kinder draußen, im Kindergarten oder auch in vielen Haushalten, so spielen die Kinder ganz selbstverständlich.

 

Doch ich beobachte auch viele Kinder, denen langweilig ist, die nichts mit sich anzufangen wissen und die von ihren Eltern, von Erziehern oder eben von anderen Kindern animiert werden möchten. Oder die von einer Aktivität zur nächsten hasten, sich nicht wirklich einlassen und eben nicht tief versunken spielen. Eben einfach Kinder, die nicht von alleine kreative Spielideen entwickeln und sich darauf konzentrieren können.

 

Warum das so ist? Ich vermute, es liegt zum einen an einem veränderten Umgang mit sehr kleinen Kindern: wir versuchen ihre Bedürfnisse zeitnah zu erfüllen. Dieses absolut den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen für ein gesundes Aufwachsen von Kindern entsprechende Verhalten kann schnell einen großen Nachteil haben: Wir gewöhnen sie daran, dass wir eine Lösung für jedes von ihnen gefühlte Unbehagen kennen.

 

Langeweile ist zuerst einmal ein ungutes Gefühl und so wendet sich das Kind mit diesem „Problem“ eben auch hilfesuchend an uns. Anstatt jedoch dieses Problem zu begleiten und das Kind beim eigenständigen Problemlösen zu unterstützen, lösen wir dieses Problem gerne für das Kind. Und so trainieren wir gewissermaßen die kindliche Unselbstständigkeit.

 

Auf der anderen Seite waren „früher“ ein paar Dinge tatsächlich besser: die Kinder hatten keine Spielsachen, die bunt blinkend und Geräusche machend quasi für das Kind spielen während das Kind eine passive Rolle hat. Und die Kinder hatten häufig nicht solch eine überwältigende, überfordernde Flut an Spielsachen, sondern nur wenige. Außerdem waren die Kinder nicht durch Fernseher und Co, durch erwachsenen-geleitete Freizeitaktivitäten und Animation zuhause an passives Konsumieren gewöhnt. Zusätzlich fühlten sich viele Eltern eben nicht für das Glück ihrer Kinder verantwortlich sondern gingen ganz selbstverständlich davon aus, dass Kinder (teilweise neben ihren Aufgaben) eben für ihr eigenes Spiel verantwortlich sind. Unbewusst und mit dem Besten für unsere Kinder im Sinn, haben wir uns von diesen Dingen wegbewegt. Und die veränderten Umstände zeigen sich nun in einem veränderten, passiveren und unselbstständigerem Spielverhalten.

 

Doch muss es so bleiben?

 

Warum das Spielverhalten beeinflussen?

Genau hier setzt mein Thema „besser spielen“ an. Ich wünsche meinen Kindern Stunden voller tief versunkenem kreativen Spiel und kreativem Schaffen. Für sie hat dies viele Vorteile:

  • sie lernen konzentriert und fokussiert über einen längeren Zeitraum an einer Sache zu arbeiten

  • sie lernen sich selbst zu beschäftigen und dabei ihre eigenen Interessen auszuleben

  • sie trainieren ihre innere (intrinsische) Motivation

  • sie folgen ihrem Bedürfnis nach Autonomie

  • sie stärken ihre Fähigkeit eigene Probleme zu lösen und trauen sich so immer größere Herausforderungen zu

  • sie steigern ihr Selbstwertgefühl, indem sie eigene Ziele erreichen und Probleme lösen

  • sie trainieren Grob- und Feinmotorik
  • es macht sie ausgeglichen und zufrieden, da sie sich mit ihrer eigenen inneren Welt beschäftigen können und eventuelle Probleme sowie schwierige Situationen aufarbeiten

  • und vieles mehr

Für uns Eltern hat dieses Spielverhalten natürlich ebenfalls Vorteile: kooperativere weil ausgeglichenere Kinder sowie Freiräume, in denen wir uns guten Gewissens unserer Selbstfürsorge, anderen Projekten oder der Alltags-ToDo-Liste widmen können.

 

Was lässt sich praktisch verändern? Wie beginnen?

 

Einen Überblick über die Voraussetzungen für kreatives Spielen habe ich bereits in einem früheren Artikel gegeben sowie konkrete Beispiele für Anregungen in meinem Artikel zu unserer früheren Bauecke. Ich denke gutes Spielen, ist grundsätzlich abhängig von folgenden Faktoren:

  • unsere Herangehensweise

  • den räumlichen Voraussetzungen: Spielräume, Spielzeug-Angebot, …

  • der kindlichen Bereitschaft: Entwicklungsstand, Grundbedürfnisse gestillt, vor allem aber aufgeladene Eltern-Aufmerksamkeits-Akkus

Was kannst du schneller beeinflussen? Welche konkreten Tipps helfen am schnellsten weiter? Ich möchte mit der kindlichen Bereitschaft beginnen, um dann in weiteren Artikeln über unsere Herangehensweise, die Gestaltung von Spielbereichen und die Spielzeug-Auswahl (bzw. das vielleicht nötige Aussortieren von Spielzeugen) zu schreiben. Auch verschiedene Spielideen und Anregungen sowie das Rotieren der Spielsachen möchte ich erklären. Außerdem habe ich ein paar Tipps und Tricks gesammelt, was du tun kannst, wenn dein Kind trotz bester Voraussetzungen einfach nicht selbstständig spielen möchte. Bist du dabei? Trage dich gerne in meinen Newsletter ein, damit du nichts verpasst:

Wie lässt sich die kindliche Bereitschaft selbstständig zu spielen konkret fördern?

 

Zuerst einmal finde ich es wichtig, den Entwicklungsstand zu beachten. Ein Kleinkind wird nur sehr selten lange (sagen wir mal länger als 30 Min) tief konzentriert spielen, einfach weil es diese Fähigkeit erst trainiert. Ebenso entwickelt das Kleinkind erst die Fähigkeit zum Perspektivwechsel (du bist nicht ich, du denkst und fühlst auch anders als ich), welche für komplexere Rollenspiele notwendig ist. Auch die Phantasie können wir uns laut Avital (vom Parenting Junkie) wie eine Art Muskel vorstellen, der trainiert werden will. Das bedeutet: wenn dein Kind noch sehr klein ist oder diese Art des freien, selbstständigen Spielens nicht wirklich kennt, dann gib ihm Zeit die notwendigen Fertigkeiten zu entwickeln und Entwicklungsschritte zu meistern. Das braucht vielleicht etwas Geduld, doch dafür schreckst du dein Kind nicht mit Überforderung und zu hohen Erwartungen ab.

 

Das gilt auch für die Spielzeug-Auswahl, doch darauf will ich in einem späteren Artikel nochmal eingehen. Kurz zusammengefasst: wenn du deinen Kind nur zu schwierige Puzzle (gerne Übertragen auf andere Spielzeuge) anbietest, so lernt es: „Ich kann nur mit Mamas Hilfe spielen“. Das ist nicht der Lerneffekt, auf den wir aus sind.

 

Weiterhin wird das Kind nicht wirklich konzentriert spielen können, wenn seine Grundbedürfnisse nicht erfüllt sind. Das hört sich selbstverständlich an, doch da kleine Kinder noch nicht zuverlässig registrieren und äußern, was das Problem ist, hilft oft ein Nachforschen in diesem Bereich. Zu den körperlichen Grundbedürfnissen zählen beispielsweise gesundes Essen und Trinken, Schlaf und Entspannung sowie Wärme. Die in der Maslowschen Bedürfnispyramide (bei Wikipedia gut erklärt) ebenfalls auftauchende Atmung ist zum Glück nicht unsere Verantwortung. Dafür möchte ich körperliche Aktivität und Bewegung noch hinzufügen als körperliches Grundbedürfnis. Ich achte bewusst auf diese Bedürfnisse. Denn ich hab schon häufiger die Erfahrung gemacht, dass nach ein wenig Ruhe (eingekuschelt ein Buch lesen), Bewegung oder einer Zwischenmahlzeit das Spielen plötzlich viel besser funktioniert hat.

 

Als dritten Punkt möchte ich noch einen Aspekt hervorheben, den ich gerne als „Eltern-Aufmerksamkeits-Akkus“ bezeichne. Man könnte das am Punkt „soziale Beziehungen“ der Bedürfnispyramide festmachen, doch ich erkläre es mir anders: Nach meinem Verständnis beschreibt die Bindungsforschung eine Sehnsucht von Kindern (vermutlich auch Erwachsenen) nach einer intensiven, sicheren Bindung zu ihrer(n) Bezugsperson(en). Diese Bindung beruht auf erfüllten Bedürfnissen aber auch auf gemeinsam verbrachter Zeit. Das Kind braucht einfach genügend Aufmerksamkeit seiner Bezugsperson(en) um sich wirklich wohl zu fühlen. Wenn es in diesem Bereich „gesättigt“ ist, kann es sich voll und ganz anderen Dingen widmen. Ist dieser „Akku“ jedoch nicht ausreichend gefüllt, so klebt das Kind an uns und sucht ständig unsere Aufmerksamkeit – ermüdend für den Erwachsenen und definitiv keine gute Grundlage für selbstständiges Spiel. Von daher hilft oft eine Tagesstruktur, welche erst eine gemeinsame Aktivität (gemeinsam Essen, eine Unternehmung, gemeinsames Spielen etc.) und dann Zeiträume für freies Spiel vorsieht. Dies wechselt im Tagseablauf immer wieder ab und so gibt es vielfältige Gelegenheiten den "Akku" aufzutanken aber auch mehrere Spielphasen = Freiräume für die Erwachsenen.

 

 

Zusammenfassend kann ich also sagen: Wenn du sowohl den Entwicklungsstand deines Kindes als auch seine Grundbedürfnisse im Blick hast und seine „Aufmerksamkeits-Akkus“ gefüllt sind, so seid ihr auf gutem Wege zu einem kreativem und tief fokussierten Spielverhalten. Und somit eben auch zu regelmäßigen Freiräumen für dich. Morgen möchte ich dir ein paar grundsätzliche Gedanken zur Gestaltung von Spielbereichen und deren Funktionen erläutern. Komm doch wieder. Oder melde dich für meinen Newsletter an, so dass ich dich über diese Spiel-Serie auf dem Laufenden halten kann:


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