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Spielbereiche gliedern und gestalten

Es ist nicht ganz leicht Kinderzimmer und/ oder Spielbereiche in unseren Wohnräumen ansprechend, kindgerecht und förderlich für selbstständiges Spielen zu gestalten. Doch es gibt eine Hilfe: die Definition von funktionalen Bereichen für die verschiedenen Arten zu spielen. Darf ich dir diese vorstellen?

 

Beim Thema Spielbereiche orientiere ich mich an den 4 Bereichen, die Avital vom Parenting Junkie beschreibt: der Studio-Bereich, die Ruhezone, der Spielbereich und ein Bewegungsbereich. Außerdem möchte ich den Rollenspielen einen eigenen Bereich zugestehen. Was hat es damit auf sich? Und braucht man dafür 4 oder 5 Kinderzimmer?

 

Natürlich braucht man keine multiplen Kinderzimmer. Genau genommen braucht man lange Zeit nicht einmal ein Kinderzimmer, weil Kinder sowieso am liebsten in der Nähe ihrer Eltern spielen. Deshalb spreche ich von Bereichen bzw. Zonen. Diese brauchen auch keine fest definierte Ausstattung an Spielzeug und Zubehör. Es ist eher eine Denkrichtung, welche Art von Spielen wir mit der Gestaltung der Spielbereiche für unsere Kinder fördern wollen.

 

Grundsätzlich geht es darum tiefes engagiertes und kreatives Spielen zu fördern, im Gegensatz zum oberflächlichen Beschäftigt sein und dabei von einer Aktivität bzw. einem Spielzeug zum nächsten zu springen. Diese Art von Spielen hat viele Vorteile für die Kinder. Und für uns Eltern bedeutet es die Chance mit gutem Gewissen etwas anderes zu machen – für uns selbst oder die ToDo-Liste.

 

Klingt verlockend? Letztendlich wird auch ein perfekt ansprechender Spielbereich seine Wirkung nur dann entfalten können, wenn dein Kind bereit dafür ist und wenn die Atmosphäre auch zum Spielen einläd (unsere Herangehensweise, kommt in einem später Artikel dieser Serie). Doch wenn dem so ist, dann bieten verschiedene Spielbereiche ideale Anregung zum intensiven Spielen. Die Spielbereiche im Überblick:

 

Das Studio - der künstlerische Bereich

Würde ich die Bezeichnung „Messy Zone“ mit Kreativbereich übersetzen, dann kannst du dir sicherlich etwas darunter vorstellen. Es wird jedoch den anderen Bereichen nicht gerecht, da beispielsweise im Spielbereich ausgesprochen kreativ gebaut wird. Also hab ich mich an der Reggio-Bezeichnung „Studio“ für den Kunstbereich orientiert.

 

Was ist die Funktion des Studio-Bereiches? Hier wird gewissermaßen „Kunst“ gespielt. Auch „sinnliche Spiele“ (z.B. Kinetischer Sand) finden hier statt, weil sie häufig ein gewisses Chaos-Potential beinhalten aber auch weil sie mit Kunstmaterialien gestaltet werden können. Beides ist eine sehr kreative, innere Lernprozesse fördernde und oft sehr sinnliche Art des Spielens und damit tief befriedigend für die Kinder. „Ich bin überzeugt davon, dass ein ständig angebotenes kreatives Ventil ein Schlüssel um ist emotional gesunde und kreative Individuen aufzuziehen.“ (Zitat Avital)

 

Die Schwierigkeit mit diesem Bereich ist zum einen unser Sauberkeitsanspruch: Farben und Kleber, Wasser und andere sinnliche Materialien wie Sand und Knete machen es vielen von uns einfach schwer, die Kinder selbstständig und völlig frei damit kreativ sein und spielen zu lassen. Zum anderen sind gute Kunst-Materialien teuer und damit häufig wertvoll für uns. Ich beispielsweise finde es sehr herausfordernd, wenn die Dinge hier maßlos verbraucht oder auch durch Experimente und Vermischen unbrauchbar gemacht werden. Doch es ist schade, wenn diese Punkte dazu führen nur Buntstifte und Papier bereitzustellen. Vielmehr sind sie eine Einladung an uns Eltern, Lösungen zu finden, welche unseren Kindern als auch unseren eigenen Herausforderungen gerecht werden. In einem ausführlicheren Artikel über den Studio-Bereich möchte ich auf diese Problematik eingehen genauso wie Gestaltungs- und Kunstmaterialvorschläge machen.

 

Mein ausführlicher Artikel zum Studio-Bereich geht darauf ausführlicher ein.

Der Spielbereich

Dieser Bereich ist für tiefes, kreatives Bauen und Spielen gestaltet. Im Idealfall können sich die Kinder hier ihre eigenen Spielwelten erschaffen und darin ungestört versinken. Sie können Phantasien als auch reale Begebenheiten spielerisch darstellen und für sich aufarbeiten.

 

Es ist ein einladender Bereich mit zu den kindlichen Interessen passenden, offenen Spielmaterialien. Dabei ist hier die Auswahl der Materialien von besonderem Interesse, genauso wie die Art der Präsentation nicht ganz unwichtig ist.

 

Dieser Bereich ähnelt in Ausstattung und Gestaltung unserer Bauecke. Allerdings ist das Konzept noch umfassender: vielleicht mag das Kind nicht mit Holzbausteinen Bauen aber mit Puppenhauspüppchen und Puppenhauszubehör eine Welt einrichten. Oder Playmobil- und LEGO-Landschaften dürfen entstehen. Das jeweilige Spielmaterial bietet einfach eine möglichst interessante und ansprechende Grundlage um die eigenen Themen und Interessen kreativ auszuleben.

 

Die Ruhezone

Dieser Bereich ist für Kinder sehr wichtig und wird gleichzeitig oft vergessen: wo kann das Kind gemütlich CD´s hören, (vor-)lesen, mit seinen Kuscheltieren spielen, Emotionen verarbeiten und ganz einfach ein wenig runterkommen? Wie können wir gewissermaßen gestalterisch ruhigeren Phasen Raum geben und diese somit in den Tagesablauf integrieren?

 

Der Bewegungsbereich

Kinder (und Erwachsene auch) brauchen viel Bewegung. Den ganzen Tag ruhig und konzentriert auf der Stelle spielen ist den Meisten einfach nicht möglich – dafür sind unsere Körper aus evolutionärer Sicht einfach nicht gemacht. Wenn wir also nicht immer wieder mit unausgelasteten Kindern in Konflikt geraten wollen, müssen wir ihren Bewegungsdrang Raum geben.

 

Selbstverständlich kann man einfach viele Stunden am Tag draußen verbringen – dass ist sowohl körperlich als auch seelisch gesund für alle Beteiligten. Doch ist uns dies leider nicht immer möglich. Also ist es sinnvoll, auch in unseren Wohnräumen Möglichkeiten zum intensiven Bewegen zu schaffen.

 

Rollenspielbereich:

Hier weiche ich von den Erklärungen von Avital ab: sie integriert Rollenspielmaterial in die Ruhezone bzw. den Bewegungsbereich. Ich finde jedoch, dass es gewissermaßen eine spezielle Spielart ist, welche aufgrund ihrer Bedeutung für die kindliche Entwicklung als auch aufgrund der Häufigkeit, mit der viele Kinder Rollenspiele spielen, eine gesonderte Betrachtung verdient hat. Rollenspiele können laut und wild als auch ruhig und konzentriert gespielt werden, so dass ich sie nur schwer einer der beiden Kategorien zuordnen kann. Aber Rollenspiele gehen immer und überall und brauchen nicht viel mehr Zubehör als etwas Phantasie. Dazu vielleicht ein paar Anregungen wie Verkleidungen und/oder Spieltücher, Spielgeld und Spiellebensmittel oder einfach geeignete Materialien, welche dafür genutzt werden können. Auch ein kleiner Tisch oder Tischtuch und Sitzkissen können eine großartige Anregung für Rollenspiele sein.

 

Letztendlich lassen sich die Funktionen Ruhezone, Bewegungs- und Rollenspielbereich sehr gut vereinen: die Matratze auf dem Boden oder auch das Sofa im Wohnzimmer kann beispielsweise zum Einkuscheln, zum Toben oder als Spielbett dienen. Doch dazu mehr in einem ausführlichen Artikel darüber.

 

 

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass diese Bereiche dich nicht stressen und überfordern sollen. Es geht nicht darum, dass du nun auf Teufel komm raus Bereiche in deinem Haushalt anlegen sollst, die euch noch fehlen. Vielmehr geht es um die Hintergründe für die Gestaltung von Kinder- bzw. Familienbereichen. Dafür geben die beschriebenen Bereiche einen Anhaltspunkt, welche Funktionen besonders geeignet sind ein tief versunkenes, kreatives und wohltuendes Spielverhalten der Kinder zu unterstützen. Es geht auch nicht darum für jeden Bereich ein eigenes Zimmer zur Verfügung zu haben. Vielmehr können die Bereiche auch aus einem einladenden kleinen Teppich mit einer Bausteinkiste, dem Küchentisch mit ein paar Kunstmaterialien und dem Familienbett mit wahlweise ein paar Kuscheltieren und Büchern oder vielen Kissen für die nächste Kissenschlacht bestehen. Wichtig ist es, die für das jeweilige Kind passenden Funktionen im Auge zu behalten und einen ansprechenden Ort dafür zu finden.

 

 

(Dieser Artikel ist Teil meiner Spiel-Serie. Im ersten Teil findest du eine Einführung in die Bedeutung des Spielens und meine Ideen, warum das selbstständige Spielen für viele Kinder so schwierig ist. Außerdem Ideen zur kindlichen Bereitschaft selbstständig zu Spielen und einen Ausblick, welche Themen in dieser Serie noch besprochen werden sollen.)

 


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Kommentare: 2
  • #1

    Anne (Montag, 23 Oktober 2017 16:36)

    Moin,
    du hast mal wieder ein Thema getroffen, was hier gerade aktuell ist, da der große Zwerg kaum mehr alleine spielt, obwohl er es früher gut konnte. Ich war bisher nur an der Überlegung, bei welchem Spiel ich eigentlich gern mitspiele. Über die Spielzeugauswahl und -präsentation werde ich aber auch mal nachgrübeln.
    Allerdings befürchte ich, dass es was mit Aufmerksamkeit zu tun hat, da er es in der Kita und bei meinem Mann weiterhin macht.
    Liebe Grüße
    Anne

  • #2

    Maria (Montag, 23 Oktober 2017 20:48)

    Liebe Anne,
    ich glaube es gibt Themen, die liegen sehr vielen Eltern am Herzen. Besonders vielen Eltern, die auf respektvolle und bedürfnisorientierte Art mit ihren Kindern umgehen anstatt die Kinder im Zweifelsfall alleine zu lassen bzw. in eine bestimmte Richtung zu manipulieren. Aber es freut mich sehr, wenn es passt und hoffentlich hilft!
    Das Thema Mitspielen ist auch ein wichtiges Kriterium, weil du mit Mitspielen erstens dem Ältesten Spielunterstützung gibst und zweitens Aufmerksamkeit (dazu hab ich übrigens auch einen Artikel in Planung). Der Vorteil von noch ein paar mehr Hintergedanken ist, dass dieses tief versunkene im Flow vor sich hin spielen/ beschäftigtsein unterstützt aber auch erschwert werden kann - und wenn wir schon diese "Macht" haben, können wir uns ja auch für Unterstützen entscheiden ;-)
    Ich weiß allerdings auch, dass das relativ viele vielleicht komplex erscheinende Zusammenhänge sind und dass zuerst einmal neu und gedankenintensiv ist, sich auch noch darum zu kümmern. Allerdings kann es wirklich Wunder wirken und unabhängig spielende Kinder, welche danach zufrieden und entspannt sind, sind wirklich ein Segen!
    Von daher kann ich diesen Aufwand nur empfehlen!
    Liebe Grüße,
    Maria