Im Käfig mit 3 wilden Tigern - Segeln mit Kindern

Über zwei Wochen Urlaub liegen hinter uns, davon mehr als eine Woche Segeln mit den Großeltern. Und auch wenn es viele schöne Momente gab, so fühlte sich dieser Urlaub an wie ein Versuch 3 wilde Tiger in kürzester Zeit handzahm zu machen. Und ein wenig ist es uns sogar gelungen :-)

 

Neugierig auf ein paar Urlaubsimpressionen und ein paar Ideen für Urlaube auf engstem Raum? Lies weiter!

 

Tja, wo fange ich bloß an?

 

Vielleicht bei den Rahmenbedingungen?

 

Ich Landratte habe mich in eine Seglerfamilie hinein verliebt und so teile ich mein Leben mit einem passionierten Segler sowie 3-Monate sommersegelnden Schwiegereltern. Da ihr Schiff gerade so eben groß genug ist, dürfen wir gerne (bzw. nach diesem Urlaub vielleicht nicht mehr so gerne) eine Weile mitsegeln. Unser Urlaubszuhause sind in dieser Zeit die Häfen der "Dänischen Südsee" bzw. eben die deutschen Ostseehäfen. Dieses Jahr waren wir in der Flensburger Förde und sind fleißig zwischen der deutschen und der dänischen Seite herumgependelt, wenn wir nicht gerade sturmbedingte Hafentage hatten.

 

Nach einer schwierigen Anfangszeit (s. unten) haben sich unsere Segeltage so eingependelt, dass es nach dem Frühstück erstmal eine Runde Austoben auf dem jeweiligen Hafenspielplatz gab:

Danach hieß es Zusammenreißen für die wilden Tiger. Beim Ablegen und Segeln sollte man weder im Weg sein noch für zuviel Ablenkung sorgen - eine sehr schwierige Aufgabe. Mama und Papa hätten die Segelzeiten am liebsten mit entspannt auf´s Wasser gucken oder Buch lesen verbraucht (ohne Kinder Urlaub machen hatte auch seine Vorteile), aber das hat eher nicht so gut funktioniert. Also eher Spielchen spielen, Duplo bauen, malen, ständig Obstteller schnippeln und ganz allgemein Tiger zähmen :-)

Im neuen Hafen angekommen gab es auch nur wenige Male ein entspanntes Anlegebier für den armen Räuberpapa. Denn erstens hieß es weiter nicht im Wege sein und zweitens Bewegung, Bewegung, Bewegung! Irgendwann sind sie sicher alt genug alleine auf Entdeckungsreise zu gehen. Bisher müssen wir mit. Und so haben wir nachmittags geübt, unseren Wunsch nach Entspannung größtenteils hinten anzustellen und die Kinder bestimmen zu lassen:

Die Tigerkinder und ich haben gelernt wie man Krabben fängt - eine offensichtliche Lieblingsbeschäftigung von Seglerkindern (zur Verdeutlichung kannst du das mittlere Bild durch Anklicken vergrößern): man hängt eine Muschelschale mit Fleischresten daran an eine Wäscheklammer und hält das Ganze der Krabbe vor die Nase (ok, Scheren?). Die hält sich daran fest, beginnt zu fressen und kann dann langsam hochgezogen und vorsichtig (Achtung, die Scheren!) in den Eimer bugsiert werden. Sehr spannend! In Sonderborg gibt es sogar eine Krabben-Wettrennbahn um zu sehen, welche der Krabben als Schnellstes wieder in´s Wasser läuft...

Außerdem haben die Tiger auch eine Qualle und kleine Fische gefangen und beobachtet.

Ebenfalls bestaunt haben wir zutrauliche Enten und Entenkinder, außerdem Schwäne und Seesterne sowie diverse tolle Steine.

Und mit Toben und Erkunden, Spielen und Quatsch machen gingen die Nachmittage oft viel zu schnell zuende. Dann hieß es wieder vernünftig sein und ordentlich Benehmen beim Kochen und Essen sowie danach möglichst reibungslos in´s Bett - wie sich vermutlich jeder vorstellen kann nicht gerade der Urlaubstraum von 3 wilden Tigern. Und ein ordentlicher Reibungspunkt zwischen dem Wunsch den Kindern ihre Freiheit und Selbstbestimmungsrechte zu lassen sowie dem für Erwachsene nachvollziehbaren Bedürfnis nach Ruhe und Erwachsenen-Zeit.

Am liebsten waren mir die Sturmtage im Hafen. Ich liebe den Wind um die Nase und das Klappern der Masten. Und die Tiger mussten sich an diesen Tagen nur allgemein an Board benehmen aber nicht während des Segelns bespaßt werden. Dafür haben wir mehr gemeinsam unternehmen können:

Phänomenta (wissenschaftliches Mitmachmuseum) in Flensburg - sehr empfehlenswert! Am tollsten fanden die Tiger den Wasserspielbereich (Wie baut man eine stabile Staumauer?) im Innenhof. Und wir Großen die Strandkörbe genau daneben bzw. die Möglichkeit, nochmal alleine gucken gehen zu dürfen :-)

Schloss von außen und innen erkunden sowie Straßenfest in Sonderborg. Leider gab es in dem Schloss keinen echten Thron zu besichtigen. Trotzdem haben uns fast 2h nicht ausgereicht um alles Spannende zu bestaunen.

Viel Natur in Dyvig (Nordals, d.h. nördlich von Sonderborg und nicht mehr in der Flensburger Förde): Boote gebaut und um die Wette schwimmen gelassen, Spaziergänge bei jeglichem Wetter und mit Naturschätzen gespielt. Außerdem, wie in jedem dänischen Hafen, Kartoffeln und frisches Gemüse direkt vom Erzeugen und an eine Kasse des Vertrauens. Dort gab es sogar Marmelade, Honig, Apfelessig und Apfelwein (nanu, frei verkäuflicher Alkohol in Skandinavien?).

Unser letzter Tag und die Erkenntnis: An sich ist Segeln eine wunderschöne Art seinen Urlaub zu verbringen. Segeln mit kleineren Kindern bedeutet jedoch, dass die Kinder wenig Raum haben und sich oft benehmen müssen. Besonders bei so lebhaften, bewegungsfreudigen und willensstarken Kindern, wie wir sie haben, nicht einfach. Und da wir die Woche davor in einer Ferienwohnung mit riesengroßem Garten verbracht hatten, haben sie sich wie eingesperrte wilde Tiger verhalten: wenig kooperativ und völlig aus dem Gleichgewicht.

 

Aus meiner heutigen Sicht könnte ich die Tiger wohl einfacher bändigen. Direkt in der Situation und ohne den absolut lesenswerten Artikel "Mein Kind ist total frech, ungezogen und provoziert" vom Gewünschteten Wunschkind im Kopf, haben wir uns sehr schwer getan mit unseren Lieblingstigern. Statt Wertschätzung für ihre kläglichen Kooperationsbemühungen zu erhalten hagelte es Zurechtweisungen und unzählige Boardregeln. Und anstatt auf ihre Bedürfnisse nach Bewegung und Unterhaltung, Spaß und Aufmerksamkeit (= Kind sein dürfen) einzugehen, wollten wir plötzlich brave kleine Erwachsene ohne dafür nennenswert auf sie zuzugehen. Das mag bei anderen Kinder mit Druck und Zwang funktionieren. Doch unsere Tiger sind glücklicher Weise so stark, uns vehement vor Augen zu führen "hier stimmt etwas nicht". Leider äußern sie es nicht so direkt. Und wir Eltern waren, in der anstrengenden Situation gefangen, nicht feinfühlig genug das Kinderverhalten richtig zu deuten und die unbefriedigten (aber absolut legitimen) Bedürfnisse zu sehen. Nach und nach ist es uns jedoch gelungen und wir haben immer mehr Spielplatzbesuche (mehrmals am Tag Austoben) und Kinderbestimmte Nachmittage als Freiraum eingebaut sowie ihre Kooperationsbemühungen gewürdigt. Und siehe da, die letzten Tage Segelurlaub wurden bis auf die üblichen Zusammenstöße richtig schön.

Was ist deine Erfahrung mit schwierigen Urlaubssituationen?

Und was hat euch geholfen?


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