Weniger Machtkämpfe bitter ODER Hilfe, ein 3-Jähriger

Eigentlich wollte ich euch die letzten Wochen viele tolle Ideen und endlich auch den nächsten Teil von meiner Freilern-Serie präsentieren (bisher erschienen sind Mein Weg zum Thema Freilernen, So kann es aussehen und Vorteile des Freilernens). Doch vorerst bleibt es schon wieder beim "eigentlich", denn ich bin müde. Sehr, sehr müde. Unser Alltag ist neben wundervoll turbulent eben auch recht anstrengend. Und neben meinem Gedankensalat hinsichtlich der Unerzogen-Ideen, welcher ein sehr unvorhersehbares Mamaverhalten und damit über die Tische tanzende Kinder hervorruft, habe ich auch gerade einen 3-Jährigen. Hilfe!

 

Was so schlimm an einem 3-Jährigen ist und welche Strategie mir gerade hilft? Lies weiter!

 

 

Nanu. Was so schlimm daran ist, wenn der kleine Liebling gut in seinem dritten Lebensjahr angekommen ist? Nun ja, ich erlebe nun zum 2. Mal wie das Kind beginnt zu testen was passiert, wenn man die Regeln bewusst überschreitet. Und zwar immer einen kleinen Schritt mehr, bis der Erwachsene definitiv irgendeine beeindruckende Reaktion zeigt. Also nicht nervtötendes aber verhältnismäßig einfach zu handhabendes Grenzen austesten sondern so lange reizen, bis Mama (oder der betreuende Erwachsene) Reaktionen an den Tag legt, die niemand von ihr gewöhnt ist. Die einen nennen es "triggern", die anderen sprechen davon, dass die Kinder auf beeindruckende Weise die wunden Punkte ihrer Eltern finden um deren Selbstbeherrschung auf die ultimative Probe zu stellen. Machen das alle 3-Jährigen so? Was ist mit der vergleichsweise harmlosen "Trotzphase", die meine Kinder kaum hatten? Können sie sich nicht einfach schreiend auf den Boden werfen aber dafür aufhören mich so zu ärgern?

 

Letztendlich kann ich sogar ganz gut nachvollziehen, was da im Kind passieren könnte: Der Alltag und die bekannte Welt da draußen haben einen vorhersagbaren Rahmen bekommen. Mr. 3-Jahre-alt weiß genau, was wann von ihm erwartet wird und mit welchem Verhalten er sich ideal präsentiert. Doch zum einen übermannen ihn seine Gefühle und Reaktionen manchmal so stark, dass er pures Leben und nicht vernunftgesteuertes Menschenkind ist. Dann schreit er oder schimpft, vergisst unsere Regeln und tut gerne mal jemanden weh. Und ist in der Situation überhaupt nicht in der Lage, anders zu handeln - weil soviel ungezähmtes Leben in ihm steckt (was ich eigentlich sehr liebe). Das sind anstrengende Momente, die aber mit etwas mehr Hilfestellung und Aufmerksamkeit zu meistern sind. Worin ich dagegen sehr schlecht bin, sind die "ich-ärgere-dich-jetzt-bis-du-in-die-Luft-gehst-Momente". Egal ob es nun die Geschwister oder mich trifft, ich kann damit wahnsinnig schlecht umgehen.

 

Kraft für Mama, Aufmerksamkeit für den Räuber

Also hab ich mir etwas digitalen Beistand gesucht. Habe beispielsweise bei Susanne von GeborgenWachsen über die Sicht der Kinder und unsere elterlichen Kämpfe damit gelesen. Und bei Aida von Elternmorphose über die Autonomiephase (ein viel schöneres Wort als Trotzphase) und wie wir damit entspannter umgehen können. Und so langsam erarbeite ich mir eine hilfreiche Strategie:

 

Zum einen muss ich mich gerade gut um mich kümmern (sollte man ja eigentlich immer). Aber nur mit genug Schlaf und "Zucker im Blut" (und damit meine ich durchaus Gesundes sowie die Energiespritze aus der Naschikiste) bin ich nicht so schnell genervt bin und habe genug Kraft für alle Kinderaktivitäten.

 

Auf der anderen Seite ist vieles hier auch der Kampf um Aufmerksamkeit sowie fehlende sprachliche und Konfliktlöse-Möglichkeiten. Da hilft es nur, wenn ich selber sehr, sehr aufmerksam bin und wenn nötig rechtzeitig mit "Ich möchte dir sagen, dass du..." weiterhelfe bevor jemand handgreiflich wird und jemand anders schreit.  Und wenn ich täglich immer wieder dafür sorge, dass alle Räuber intensive Mamamomente bekommen. Und zwar solche, die für das jeweilige Kind wertvoll sind: während die Große und der Kleine nämlich gerne vorlesen und kuscheln, will unser Mittlerer (der größere Räuber) gerne Dinge erkunden (z.B. irgendetwas auseinander bauen) oder handfest Toben. Er will bei Spielen und Puzzle legen gefordert werden ohne überfordert keine Chance zu haben. Er will ganz einfach, dass Mama in seine Welt kommt anstatt mich in meiner Welt zu besuchen. Er will als Persönlichkeit wahrgenommen werden anstatt das berechenbare (Klein-)Kind zu sein. Alles sehr nachvollziehbare Wünsche!

 

Wenn ich mich an die Punkte halte (was natürlich Arbeit ist und gerne mal nicht perfekt klappt) habe ich schon mal viel für eine positive Atmosphäre getan. Damit kann ich zumindest vielen schwierigen Situationen vorbeugen und die "ich-ärgere-dich-aus-Unzufriedenheit-Momente" werden immer weniger. Und dann fehlt noch:

 

Der wenig geheime Geheimtipp

Unser Geheimtipp ist rausgehen, am besten richtig in die Natur. Früher hat mich die Tatsache, dass wir täglich raus mussten, irgendwann nur noch genervt. Zuerst hab ich mir einfach mehr Natur gewünscht als Stadt. Und nachdem die intensiven Draußen-Spiel-Zeiten vorbei waren wollte ich selbst darüber entscheiden dürfen und mich oft lieber zuhause beschäftigen.

 

Doch jetzt bin ich auf der anderen Seite. Auch wenn ich immer noch gerne zuhause bleibe weiß ich, dass uns allen viel draußen in der Natur sein unendlich gut tut. Dass wir sehr viele Zusammenstöße zwischen allen Beteiligten vermeiden, wenn wir einfach draußen herumstromern. Oder bestenfalls noch aufregende Dinge erleben. Nur braucht es dazu all zu oft jemanden, der die Initiative ergreift, alles einpackt und die gerade dann vertieft spielenden Kinder auch nach draußen lockt. Denn obwohl wir nicht mitten in der Stadt wohnen und ich die Kinder täglich in den Garten schicke, fehlt es da an spannenden Erlebnissen und leider auch an Spielkameraden. Deshalb müssen wir unterwegs sein, im Wald und am Strand, auf Ausflügen in den Zoo und das Wildgehege. Doch das Aufraffen zahlt sich bisher zuverlässig für alle aus.

 

Und das soll helfen?

Nun ja, es ist meine bisherge Strategie und für uns ein ganz guter Weg. Definitiv besser als Mama wird wahnsinnig, weil der gesamte Tag aus Machtkämpfen zu bestehen scheint. Aber es ist nun auch nicht wirklich ein Geheimtipp. Vielmehr möchte ich einfach gerne dazu beitragen, dass wir den 3-Jährigen mit mehr Verständnis begegnen. Und dass wir versuchen, ihnen Raum für die entwicklungstechnisch wohl hilfreichen Auseinandersetzungen mit den Eltern und der Umwelt zu lassen aber gleichzeitig ein möglichst alle zufriedenstellendes Familienleben zu schaffen. Und damit vielen unnötigen Kämpfen eben auch vorzubeugen.

 

Was ist deine Erfahrung mit den 3-Jährigen? Und hast du einen Geheimtipp für mich? Der nächste 3-Jährige kommt bestimmt :-)

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