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Nachmittage ohne Schulkindbetreuung - was machen wir mit unserer Zeit?

Meine beiden Schulkinder gehen auf eigenen Wunsch nachmittags nicht in die Schulkindbetreuung, dass heißt sie haben zwischen 12 und 2 Uhr jeden Wochentag Schulschluss. Sie besuchen auch nur einen bzw. keinen Kurs oder eine andere Form der Nachmittagsbeschäftigung - da ist selbst mit Mittagessen und Hausaufgaben noch eine ganze Menge Nachmittag übrig, welche gefüllt werden will. Das ist nicht immer ganz leicht und so stellt sich die Frage, was wir so mit unseren Nachmittagen machen?

Unsere Nachmittage sind im Gegensatz zur Schulzeit am Vormittag vor allem frei, flexibel und selbstbestimmt. Je nach Tagesform und aktuellen Bedürfnissen sind wir manchmal sehr aktiv, treffen uns mit anderen Kindern/Familien und sind einfach viel unterwegs. Manchmal bleiben wir auch eher gemütlich zuhause, basteln, spielen und lesen gemeinsam oder jeder für sich. Wir bemühen uns damit Zeit für die vielen Dinge zu finden, die eine erfüllte, glückliche Kindheit (bzw. insgesamt ein erfülltes Leben) ausmachen:

 

Zeit für Familienbeziehungen

In unserer Familie stehen die Familienbeziehungen an erste Stelle, auch für die Grundschulkinder. Und diese Beziehungen brauchen viel gemeinsame Zeiten zwischen Eltern und Kindern sowie unter den Geschwistern. Diese beschütze ich aktiv bzw. mache sie möglich: ich habe nachmittags fast immer Zeit für die Kinder und wir machen gerne etwas gemeinsam. Und wenn der ein oder andere Zeit für sich oder seine Freunde braucht, dann bleibt auch mal Zeit nur mit einem Kind in Ruhe etwas zu machen.

 

Ich versuche jegliche Verabredungen und Erledigungen so zu planen, dass die Geschwister mindesten einen unverplanten gemeinsamen Nachmittag in der Woche haben. Dieser wird natürlich nicht immer zum gemeinsamen Spielen oder für gemeinsame Unternehmungen genutzt, aber häufig. Ich merke es deutlich am Verhalten meiner Kindern, wenn sie in völlig verplanten Wochen zu wenig Eltern-Kind-Zeit oder auch Geschwister-Zeit hatten.

 

Zeit für Freundschaften

Meine Kinder schätzen ihre Freunde sehr, sowohl die schulischen als auch die anderen Freunde. Und während sie die Schulfreunde täglich sehen, so braucht es oft etwas mehr Einsatz, um auch sonstige Freundschaften zu pflegen. Dabei unterstütze ich sie gerne, denn gerade wenn es in der Schule mal nicht so gut läuft, sind diese Freundschaften unheimlich wichtig. Deshalb pflegen wir nachmittags eben auch bewusst Freundschaften, die nichts mit der Schule zutun haben.

 

Außerdem genießen es einige Schulfreunde meiner Kinder auch sehr, bei uns gemütliche, selbstbestimmte Nachmittage in Familienatmosphäre zu verbringen anstatt in der Schulkindbetreuung keinerlei Rückzugsorte zu haben - d.h. wir haben auch häufig Schulfreunde der Kinder zu Gast.

 

Seeräuber in ihrem Element - Wetter fast egal aber Gesellschaft (hier Geschwister und Freunde) ist wichtig :-)
Seeräuber in ihrem Element - Wetter fast egal aber Gesellschaft (hier Geschwister und Freunde) ist wichtig :-)

Zeit zum Spielen

Freies Spielen ist meiner Meinung nach absolut notwendig für eine gesunde Entwicklung von Kindern - im Freispiel verarbeiten Kinder Erlebnisse und Gedanken und setzen sich mit ihrer Umwelt auseinander. Gerade im Freispiel trainieren sie auch kreatives Probleme lösen, nicht aufgeben und soziale Umgangsformen. Selbst interessengeleitetes, selbstständiges Lernen passiert auf ganz natürliche Weise im freien Spiel.

 

Da ich um die große Bedeutung von freiem Spiel weiß und immer wieder an meinen Kindern erlebe, wie zufrieden ihr Spiel sie meistens macht, bemühe ich mich so viel Gelegenheit wie nur möglich im Alltag zu finden, damit meine Kinder Zeit zum Spielen haben. Gelegenheit heißt vor allem unverplante Freizeit. Es heißt aber auch Inspiration und anregende Spielbedingungen. Dafür habe ich unser Zuhause spielfreundlich gestaltet und ich biete ihnen gelegentlich sogenannte “Einladungen zum Spielen” (mehr dazu in meiner kostenlosen Freispiel-Challenge) an, damit Freispielen hier attraktiv ist und bleibt.

 

(In diesem Zusammenhang ist es vielleicht wichtig zu betonen, dass “Spielen” nicht nur Bauen, Rollenspiel und Gesellschaftsspiele meint, sondern viel breiter gefasst ist: Hier wird erforscht, kreativ gewerkelt, gefilmt, getanzt, getobt, am Tablet gespielt und vieles mehr, was für mich alles zum “Spielen” dazu gehört.)

 

Zeit für Natur und Bewegung

Ich bin gerne draußen und empfinde die Natur als unheimlich wichtig für unser Wohlbefinden. Das möchte ich gerne weitergeben und zwar nicht nur mit einem gelegentlichen Wochenendausflug. Ich wünsche mir Naturerlebnisse als Alltag. Doch wir wohnen in der Stadt und so braucht es immer Einsatz um “wirkliche” Natur zu erleben. Das klappt natürlich nicht so oft. Aber indem ich bewusst versuche Naturerlebnisse zu ermöglichen, schaffen wir es doch immer wieder. Ansonsten haben wir auch einen kleinen Garten und einen grünen Stadtteil - zumindest gezähmte Natur gibt es hier reichlich.

 

Da hier leider kaum noch Kinder draußen spielen, braucht es häufig eine Anregung oder einen kleineren Ausflug um hinaus zu kommen. Wir bemühen uns den Garten möglichst vielfältig zu nutzen und viele Spielideen möglich zu machen. Häufig verbinden wir das rausgehen auch mit Natur beobachten oder erforschen - weil sich dafür alle hier interessieren. Oder eben mit Bewegung wie Radtouren, im Gartenarbeiten, zu Fuß etwas erledigen oder etwas ähnlichem. Einfach nur Spazieren gehen findet keines meiner Räuberkinder attraktiv.

 

Es gibt Wochen, da sind wir gemeinsam oder die Kinder miteinander jeden Nachmittag stundenlang draußen unterwegs. Es gibt aber auch Zeiten, da haben wir außerhalb der Schulwege und kurzer Spaziergänge bzw. Hofpausen für die Schulkindern nicht so viel Bewegung an der frischen Luft. Gelegentlich in den Sportverein gehen reicht nicht als regelmäßige Bewegung für aktive Kinder und so machen wir zusammen Yoga, Geschicklichkeitsübungen, Bewegungsspiele oder spontane Tanzparties. Und wir ermöglichen viel Bewegung im ganzen Haus:

Platz für viel Bewegung und einladende Möbel, Matrazen und Kissen
Platz für viel Bewegung und einladende Möbel, Matrazen und Kissen

Zeit für Kreativität

Meine Kinder sind sehr gerne in die Richtung Malen und Zeichnen sowie Basteln und Werkeln mit Draht und Holz kreativ - dafür schaffe ich Möglichkeiten und sorge gelegentlich für Inspiration. Andere Kreativ-Bereiche wie Nähen, andere Handarbeiten, Kochen, Fotografieren, Musik machen und vieles mehr interessieren meine Kinder, doch sie brauchen Hilfe um einen Zugang zu finden. Da liegt es an mit nach und nach Möglichkeiten zu finden, wie entweder ich ihnen diesen Zugang eröffnen kann oder aber jemand anderes dies tut.

 

Da meine Kinder und ich kreatives Schaffen so sehr genießen, hatten wir im alten Haus einen Kreativbereich (hier kannst du mal schauen). Jetzt haben wir bisher ein Utensilo mit ständig benötigten und regelmäßig wechselnden speziellen Materialien. Außerdem gestalte ich nach wie vor gerne "Einladungen zum kreativ sein" - dazu findest du viele Bespiele in meinem Kreativ-Leitfaden sowie in meiner Freispielchallenge.

 

überraschendes Papier + strahlende Farben = eine Einladung zum kreativ sein
überraschendes Papier + strahlende Farben = eine Einladung zum kreativ sein

Zeit für Geschichten und "Welt entdecken"

Ob als Buch, als Hörspiel oder als Film - Geschichten sind hier fast immer willkommen. Damit uns nie der Vorrat ausgeht besuchen wir regelmäßig die Stadtbibliothek und den Buchladen. Theoretisch könnte das Ganze auch die Lesefreude fördern, doch daran arbeiten wir noch. Bis dahin lesen wir sehr viel vor.

 

Zunehmend schwer beliebt sind hier auch Sachbücher. Es gibt einfach so unheimlich vieles Spannendes zu entdecken und dann eben auch darüber zu lesen. Wir gehen aber auch aktiv vielen Interessen nach und kultivieren die Neugier auf die Welt. Neben Büchern und Filmen besuchen wir spannende Orte oder ich bereite interessante Materialien für die Kinder vor - dabei lasse ich mich gerne von der Reggio- (hier erkläre ich sie dir) sowie von der Montessori-Pädagogik (dazu schreibe ich demnächst mehr) inspirieren.

 

Spaß mit Mathe - Montessori-Materialien sind so herrlich einladend
Spaß mit Mathe - Montessori-Materialien sind so herrlich einladend

Letztendlich sind unsere Nachmittage mit all diesen Dingen und noch mehr sehr gut gefüllt - wenn hier alle in entsprechender Laune sind. Das ist jedoch nicht immer der Fall, und so haben wir natürlich auch immer wieder schwierige, weniger harmonische Nachmittage.

 

Es wäre in gewisser Weise für mich einfacher, die Räuberkinder irgendwo betreuen zu lassen oder mit Kursen und Vereinsbesuchen zu beschäftigen. Aber ich finde die Vorteile an Familienzusammenhalt und auch der Fähigkeit sich selbst sinnvolle Beschäftigungen zu suchen für uns sehr wertvoll. Gerade wenn wir in einer schwierigeren Phase stecken, können wir alle so viel über Bedürfnisse und Frustration, Selbstfürsorge und gegenseitige Unterstützung lernen. Und wenn diese Phase dann vorüber ist, genießen wir die wiedergefundene Harmonie um so mehr.

 

Damit will ich nicht sagen, dass unsere Art die Nachmittage größtenteils gemeinsam zu verbringen für alle das Sinnvollste sein muss. Aber ich will dir Mut machen, wenn die Nachmittage mit deinen Kindern gerade nicht so entspannt laufen wie du dir es wünschst: du kannst mit deinen Kinder zusammen eine Lösung für deine Familie finden, mit der ihr größtenteils schöne Nachmittage genießen und gleichzeitig aneinander und miteinander wachsen könnt! Alles, was ihr dafür braucht ist die Muse sich aufeinander ein zu lassen und zu schauen, welche Bedürfnisse und Interessen den gerade jetzt nachmittags wichtig sind. Meistens, findet sich dann alles, was ihr braucht bereits. Oder aber es fehlt etwas und ihr könnt ganz gezielt nach geeigneten Menschen, Kursen oder auch Materialien suchen.

 

Lass uns gemeinsam ein lebenswertes Familienleben für alle gestalten!

 

Deine


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