Wie frei bist du? - Eine Buchempfehlung

Bis zur Einschulung der Prinzessin habe ich mich sehr frei gefühlt - alleine zuhause mit 3 kleinen Kindern. Geht nicht? Oh doch, denn ich hab mich für dieses Leben entschieden und ich hatte an mehreren Stellen eine Wahl. Und nochmal doch, weil wir in unsere Tage hineinleben konnten: je nach Tagesform und Laune haben wir einen Ausflug, ein größeres Bau- oder Kunstprojekt oder einen Sofakuscheltag gemacht. So einfach, so zufriedenstellend und so frei!

Mit einem Schulkind vermisse ich diese Freiheit täglich! Und auch die Prinzessin vermisst trotz Spaß an der Schule so einiges: Sie fragt, was wir den Tag über machen und wünscht sich, dass wir mit nahezu allem auf sie warten. Und manchmal weint sie morgens aus Angst, ihre ganzen tollen Ideen bis zum Schulschluß vergessen zu haben...

 

Wer einmal diese Freiheit erlebt und geliebt hat, der möchte darauf offensichtlich nicht mehr verzichten. Doch da kam dann die Schulpflicht ("Schulgebäudeanwesenheitszwang" wie es unter Freilernern heißt) in´s Spiel. Deshalb träume ich von einem Ausweg für uns und ähnlich lebende Familien. Und so freue ich mich sehr, hier das wundervoll inspirierende Buch "Wir sind so frei: Freilerner-Familien stellen sich vor", herausgegeben von K. Kern, S. Mohsennia, G. Reichert und H. Weimer vorstellen zu dürfen:

Zum Inhalt:

"29 Familien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz schildern ihre persönlichen Wege und Erfahrungen mit einem Leben ohne Schule.

 

Ein Leben ohne Schule:

Kein Wecker, keine Hausaufgaben, keine Noten!

Lernen was man will, wann man will!

Statt Fremdbestimmung zu erfahren, selbstbestimmt der intrinsischen Motivation als Fahrplan folgen.

 

Eine absurde Vorstellung ohne Erfolgsaussicht oder eine glückstiftende Rückkehr zum natürlichen Lernen und dem Vertrauen in unsere Kinder? Was genau ist denn Freilernen? Wer macht das? Warum und wie? Ist das in Deutschland nicht (noch) illegal?

 

Freilerner-Familien haben ihre Türen geöffnet und geben Einblicke in ihr persönliches Leben, Lernen und ihre Gedanken- und Gefühlswelt."

 

Liest sich das nicht spannend? Ich jedenfalls war sehr neugierig auf dieses Buch aus dem Tologo Verlag und freue mich wirklich sehr, es als Rezensionsexemplar erhalten zu haben. Und ich wurde nicht enttäuscht.

 

Was ich mir erhofft habe:

Ich lese schon eine Weile sehr viel über das Thema Freilernen/ Unschooling und schreibe ja auch gerne darüber: Mein Traum vom Freilernen. Trotzdem gab es ein paar Punkte, worauf ich besonders gespannt war:

  • Wie schaffen es Familien in Deutschland trotz des offiziellen Verbotes eine Duldung der Behörden zu erreichen?
  • Wie gestalten sich die Kontakte/Konflikte mit den Behörden, wenn man seinen Kindern einfach die Freiheit lässt, nicht mehr in die Schule zu gehen (also sie weder überzeugt noch in die Schule zwingt - schließlich dürfen Eltern keine Gewalt anwenden)?
  • Wie ergeht es Familien, die ihren freilernenden Kindern zuliebe in´s Ausland gehen?

Vielleicht fällt dir auf, dass es mir also eher um praktische Informationen ging. Denn was das für Familien sind und wie Freilernen aussehen kann weiß ich mittlerweile. Auch steht für mich nicht mehr in Frage, ob es funktioniert. Doch da dies vermutlich der Ausgangspunkt für viele ist, möchte ich anhand des Buches zuerst darauf eingehen.

 

Was sind das für Familien?

Im Buch werden 9 deutsche Familien, 3 aus Österreich und 5 aus der Schweiz vorgestellt sowie 9 ausgewanderte und 3 länger reisende Familien - eine spannende Mischung. Es sind ganz unterschiedliche Familien: mit einem bis sechs Kindern und mit einem oder zwei die Kinder begleitenden Elternteilen. Soziale und finanzielle Situation der Familien sind im Buch kein Thema, doch auch da scheint eine große Spannweite vorhanden zu sein. Und auch die Wege zum Freilernen sind unterschiedlich, da gibt es soziale Probleme in der Schule, Unter-/Überforderung oder weitere Schulprobleme sowie auch Familien, denen einfach das System Schule nicht zusagt.

 

Ich finde es wunderbar, dass die vorgestellten Familien so unterschiedlich sind. Denn sobald man über das Thema Freilernen redet, scheinen Bilder von finanzstarken, eher gut ausgebildeten und alternativ eingestellten bzw. sehr christlichen Großfamilien durch die Köpfe der Menschen zu geistern. Oder Bilder von Problemschülern - natürlich sind die Schüler schuld und nicht das für sie nicht passende System. Das Buch zeigt jedoch sehr schön, dass es ganz "normale" Familien sind, die eben nur (mehr oder weniger freiwillig) einen spannenden Weg gewählt haben.

 

Wie sieht ihr Lernalltag aus?

Auch diese Frage beantwortet das Buch auf faszinierende Art und Weise. Denn so individuell die Familien sind, so verschieden sind die beschriebenen Alltagseinblicke. Einige Familien leben eher strukturiert mit einem festen zeitlichen Ablauf und Lernplänen, andere leben völlig frei in den Tag hinein und lassen die Kinder ihren jeweiligen Interessen nachgehen. Und oft wechselt die Alltagsgestaltung je nach sich verändernden Bedürfnissen aller Beteiligter:

 

"Meine ´erwachsenen` Vorstellungen vom freien Lernen: eine vorgegebene Struktur und Lernen von ´wichtigen` Dingen, in die ich manipulativ einwirken will, um Interesse zu erzeugen. Das funktionierte im Alltag nicht. Ich ließ los und nahm endlich meine Töchter wahr. Wenn ich genug Vertrauen aufbrachte, fiel mir auf: Sie lernen sowieso die ganze Zeit. Ich begriff mit der Zeit, dass sie lernen, auch wenn ich es von außen nicht erkennen konnte. Lernen ist ein innerer Prozess, von außen unsichtbar, und plötzlich können sie etwas, was sie zuvor noch nicht konnten. Meine Aufgabe ist, Material und Bücher bereitzustellen und Events zu organisieren, wenn ich ein Interesse spüre oder wenn meine Töchter mich ganz klar um Unterstützung bitten. Sie fragen täglich nach endlos vielen Dingen. Es gibt so unzählige Fragen an die Welt, dass wir unmöglich hinterher kommen können, alle Fragen zu klären, zumindest nicht jetzt, in diesen kurzweiligen Jahren. Wir lernen gemeinsam, dass die Welt bereit ist, Antworten auf alles zu geben, und dass wir zur rechten Zeit eine Frage nach der anderen ergründen können.

Nach einer langen, sehr strukturlosen Phase, die auch schön war, haben wir jetzt gerade alle das Bedürfnis nach starker Struktur: Wochenplan, feste Zeiten, feste Termine für bestimmte Vorhaben. Das macht gerade viel Spaß. Der Vormittag gehört mit meiner vollen Aufmerksamkeit ab 8 Uhr morgens meinen Töchtern und ihren Interessen. Da wird geschrieben, gelesen, gehäkelt, experimentiert, alte Löwenzahn-Folgen geschaut. Der Nachmittag ist frei, aber auch da entsteht meist etwas Gemeinsames, wir schaffen oder spielen draußen im Garten oder wir sehen Freunde, gehen reiten, in die Stadt, in die Bücherei oder in Buchläden." (S. 139, Familie Tausendschön mit zwei Töchtern, München und Oberösterreich)

 

Spannend? Immer wieder hab ich beim Lesen der Alltagsberichte gedacht "Oh ja, so ein intensives Familienleben hatten wir auch. Und ich hätte diese Gestaltungsfreiheit über unser Leben so gerne zurück." 

 

Besonders spannend fand ich die unterschiedlichen Möglichkeiten mit dieser Freiheit umzugehen. In einigen Familien beschäftigen sich alle Beteiligten viel alleine während andere viel zusammen machen. Auch den Kontakten zu anderen wird unterschiedlich viel Raum eingeräumt. Und genau diese Unterschiedlichkeit ist meiner Meinung nach eine Stärke des Freilernens - das Leben kann dann genau so gestaltet werden, wie es allen Beteiligten am besten gerecht wird. Und es kann jederzeit angepasst werden, sobald sich Bedürfnisse verändern. Ich glaube, dass kann tatsächlich ein Weg hin zu sehr viel Familienglück sein.

 

Doch wie schaffen es Familien, dieses Leben trotz der Schulpflicht in Deutschland zu leben?

Ich würde auch gerne so leben. Doch die Rahmenbedingungen in Deutschland passen nicht. Und so

schicke ich entgegen meiner Überzeugung die schulpflichtige Prinzessin in die Schule, aus Angst vor einer Auseinandersetzung mit den Behörden. Von daher hat es mich als Mutter sehr interessiert, wie andere Familien entgegen der Schulpflicht ihren Kindern das Freilernen ermöglichen können. Und da beschreiben die 9 porträtierten deutschen Familien ganz unterschiedliche Situationen:

 

Einige Familien erleben heftige Gerichtsverhandlungen, in denen es als letzte gerichtliche Möglichkeit zum Teil bis zum Sorgerechtsentzug geht. Das ist natürlich die ultimative Drohung, vor der jede Familie Angst hat. Eine andere Familie scheint nach Bußgeld- und Zwangsgeldverfahren plötzlich Ruhe vor den Behörden zu haben: "Der Bußgeldbescheid kam ziemlich schnell. Wir legten Widerspruch ein, die Gerichtsverhandlung erstreckte sich über mehrere Verhandlungstage. Als das Urteil rechtskräftig wurde, startete der BVNL eine Solidaritätskampagne und das Bußgeld wurde kollektiv bezahlt. Gegen das verhängte Zwangsgeld klagten wir beim Verwaltungsgericht. Schon lange ist auch dies rechtskräftig. Gegen die verlangte eidesstaatliche Erklärung legten wir Widerspruch ein und hörten seither nichts mehr davon.

Natürlich waren das immer wieder aufregende Zeiten. Wenn ich allerdings bedenke, wie viel Zeit und Nerven Schule kosten kann oder die Flucht ins Ausland, sind ein Bußgeldverfahren und ein Zwangsgeldverfahren innerhalb von über sechs Jahren doch recht überschaubar. Die Zeiten der Ruhe überwiegen deutlich. Wir sind weder auf der Flucht, noch verheimlichen wir irgendjemandem, dass wir Freilerner sind." (S. 126f, Christiane Ludwig-Wolf mit fünf Kindern)

 

Andere Familien konnten eine interne Abmachung erreichen oder sind auf dem Weg dorthin. Dafür kommen die für Zirkuskinder gedachte Initiative "Schule unterwegs" offensichtlich genauso in Betracht wie eine offiziellen Beschulung durch die Flex-Fernschule. Auch freiere Konzepte sind (vermutlich mit viel Glück) möglich: "Und dann war es plötzlich soweit. Es gab eine `Lösung`! Natürlich kein offizieller Bescheid. Nein, eine Abmachung. Intern. Ohne die Möglichkeit, ein Präzedenzfall zu werden: Felicia bleibt an der Schule angemeldet, eine Lehrerin von dort begleitet ihr Lernen" (S.20) später wird dieses Begleiten nähre beschrieben: die Lehrerin kommt einmal bestens vorbereitet und ist überrascht, dass sie offensichtlich nicht gebraucht wird. Danach kommt sie noch einmal wieder, dann reicht eine wöchentliche EMail der Eltern.

 

Wieder andere Familien leben heimlich illegal oder melden als viel reisende Familien ihre Kinder von der Schule ab mit der Erklärung, im Zweifelsfalls komplett in´s Ausland zu gehen. Zwei der porträtierten Familien haben somit vermutlich eine stillschweigende Duldung erreicht.

 

Sehr spannend zu lesen. Und meine Bewunderung wächst für die Familien, welche für die Freiheit ihrer Kinder beängstigende Verfahren mit den Behörden auf sich nehmen. Wer diese unterstützen möchte, dem kann ich eine Spende an die Freilerner Solidargemeinschaft empfehlen.

 

Was passiert, wenn es nicht zu einer außergerichtlichen Einigung kommt (oder bis dorthin)?

Mein Eindruck nach diesen vielen spannenden Geschichten ist, dass das Kind erst in den Brunnen gefallen sein muss bevor eine Einigung möglich ist (wenn überhaupt). Wenn es gravierende Schulprobleme mit großem Leid der Kinder im Schulsystem gab und die Familie an die richtigen Entscheidungsträger gerät, ist eine Einigung (ohne jeglichen Vorbildcharakter, bloß kein Präzedenzfall schaffen) durchaus möglich.

 

Möchte man es jedoch garnicht erst soweit kommen lassen oder einfach aus Überzeugung einen freieren Lebensstil wählen (Erwachsene dürfen dies schließlich auch), so wird die Schulpflicht mit nahezu allen Mitteln gerichtlich verteidigt:

 

"Leider haben es sich der Familienrichter und auch die Richter des Oberlandgerichtes sehr einfach gemacht, als sie den festen Willen des Kindes, nicht in die Schule zu gehen, nicht wirklich ernst nahmen, sondern das `Problem` lediglich einem Erziehungsversagen der Eltern zuschrieben. [...] So haben wir durch das Familiengericht das Aufenthaltbestimmungsrecht für unseren Sohn verlohren und nur durch einen Beschluss des OLG vorerst wiedererhalten, doch das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten und zur Gesundheitsfürsorge liegt weiterhin beim Jugendamt. [...] Andere Mittel zur Durchsetzung des Schulzwangs als wir Eltern hat auch das Jugendamt nicht, auch der Staat darf zur Durchsetzung des Schulbesuchs nicht das Recht des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung verletzen. Ohne massive Verletzung der kindlichen Rechte, ohne Gesichtsverlust in der Öffentlichkeit kann der Staat den Schulzwang nicht gegen den Willen des Kindes durchsetzen. Das Bundesverfassungsgericht hat ebenso den vermeintlich einfachen Weg gewählt, indem es die Problematik einfach ignorierte, als es unsere Verfassungsbeschwerden nach sieben Monaten nicht zur Entscheidung annahm und nicht ein einziges Wort zur Begründung abgab." (S. 55, Familie Bertram mit sechs Kindern)

Ausland

Familien, die es nicht soweit kommen lassen wollen, wandern lieber vorsorglich aus um ihren Kindern das Freilernen zu ermöglichen. Besonders in Großbritannien, Kanada und den USA (sowie Australien, allerdings nicht im Buch) herrschen in einigen Gemeinden aus Freilerner-Sicht paradiesische Zustände:

 

"Wie bereits erwähnt, treffen wir uns einmal in der Woche in unserer Stadt in einem Gemeindehaus und verbringen den Tag mit anderen Freilerner-Familien, essen zusammen zu Mittag und bieten verschiedene Ausflüge und Kurse an. Hier in unserer Gegend gibt es in jeder etwas größeren Stadt regelmäßige Treffen, sodass man eine große Auswahl an Kontakten und Vernetzung hat." (S. 251, Michaela und Mtin mit Maya, Südengland)

 

"Nach dem Mittagessen geht es los nach Boston zum `Museum of Fine Arts`, das jeden Freitagmorgen und am frühen Nachmittag `Homeschool Classes` hat. Als wir vor Jahren das erste Mal dort ankamen, war ich überrascht wie viele Homeschooler dort sind, von denen ich auch heute oft nur die wenigsten kenne, mindestens fünfzig pro Session. Die Gruppen sind altersgerecht aufgeteilt, aber Joachim möchte bei den Älteren mitmachen, was dann auch in Ordnung ist. In den letzten Wochen haben sie unter anderem zeremonielle afrikanische Masken, Werke von Goya, Moderne Kunst, Warhol und Pop Art, Textile Kunst, Japanische Brettspiele, Münzen und Schmuck und so weiter studiert und dann im Studio jeweils zum Thema selbst Kunstwerke kreiert.

Fast jedes Museum, Naturzentrum, Sportzentrum, jede Fram, jeder Zoo, jedes Aquarium, die Fabriken und so weiter haben in den USA zusätzlich zum normalen Angebot für Erwachsene und Kinder auch immer Angebote für Homeschooler zu Tageszeiten, wenn die anderen Kindern in der Schule sind. Über die Jahre haben meine Jungs an vielen solcher Programme teilgenommen sowie selbst welche auf die Beine gestellt. So mieteten wir, die Gruppe der Eltern, im Winter an einem regelmäßigen Wochentag die städtische Turnhalle, damit die Homeschool-Kinder sich treffen und herumturnen konnten." (S.294f, Familie Rest mit vier Kindern, USA)

 

"Diese Gruppe ist mir Familie geworden, die Gruppenmitglieder finden Unterstützung und Rat, können miteinander lachen und weinen. Einmal im Jahr treffen sich Mitglieder dieser virtuellen Community auch im `echten` Leben zu einer einwöchigen Kerenz auf einem großen Campingplatz im Staat New York. Die Menschen kommen aus der ganzen Welt, von Kanada bis Indien, Neuseeland und Südafrika. Wie jemand gerade bei Facebook so treffend die publizierende Unschooling-Mutter Joyce Fetteroll zitierte: `Wir brauchen andere, die uns akzeptieren und mögen, so wie wir sind. Wir brauchen eine Gemeinschaft, die uns unterstützt in der Entdeckung unseres Selbst. Wir brauchen ein wertschätzendes `Ich liebe dich wie du bist`.`

In dieser Communiuty sind auch viele Kinder, die `anders` sind, junge Menschen mit verschiedenen `Beeinträchtigungen`, unter anderem Autismus oder Hochsensibilität.

Es ist erfrischend zu erleben, wie alle gleich angenommen und `gefeiert` werden, ganz so wie sie sind. Die unglaublich liebevolle Energie dieser Konferenz von rund vierzig bis fünfzig Familien zu beschreiben, fällt mir schwer." (S.295f, Familie Rest mit vier Kindern, USA)

 

Doch auch aus Österreich und der Schweiz, Italien und Portugal wird im Buch berichtet. Eine Sonderstellung nehmen dann noch die drei Reisenden Familien ein, doch für diese vielen ebenfalls absolut lesenswerten Geschichten, solltest du selbst in das Buch "Wir sind so frei: Freilerner-Familien stellen sich vor" vom Tologo-Verlag schauen.

Was mich besonders angesprochen hat:

Im Grunde hat mich das gesamte Buch so fasziniert, dass ich es tagelang nicht aus der Hand legen mochte. Viele Familien beschreiben ein in meinen Augen unheimlich inspirierendes Familienleben geprägt von sehr viel Vertrauen in die Kinder und einem Umgang auf Augenhöhe. In einigen Beschreibungen hab ich unsere Geschichte und meinen Weg zum Thema Freilernen wiedererkannt:

 

"Wir hatten ein zweites Kind bekommen und waren dadurch am Morgen eher noch `langsamer` geworden. Und auf dem Weg zum Kindergarten blieben wir immer öfter in der Stadt hängen: bei Freunden, die wir trafen, an Springbrunnen, Spielplätzen, auf Wiesen, an Baustellen mit Baggern - und wir merkten bald, dass die reale Welt ein viel reicherer Bildungsraum ist als die separierte Kunstwelt noch des nettesten Kindergartens. [...]

Das klingt jetzt so glatt und einfach und logisch, im Nachhinein. Es war aber tatsächlich ein Weg voller Umwege, mit vielen Zweifeln: Braucht er nicht doch den Kindergarten? Wird er kein Einzelgänger? Wird er lernen Rücksicht zu nehmen? Vereinsamt er? Lernt er zu wenig, einfach so zu Hause? Diese Zweifel hatten wir schon, und darum haben wir mit der Abmeldung ziemlich lange gewartet [...] Aber als wir es einmal hinter uns hatten, war das wieder eine kleine Befreiung. Das Leben wurde wieder ein Stück einfacher, stressfreier, überhaupt: freier. Ein Paradies war das nicht. Mehr Nähe zu den Kindern heißt auch: neue Reibungspunkte. [...] Das ist einfach viel stärker spürbar, wenn man sein Kind nicht den halben oder, wie heute meistens, bis zum späten Nachmittag in der Kita abgibt. Unser emotionaler Puffer war streckenweise einfach leer, die Geduld am Ende. Für uns war das kindergartenfreie Leben wie auch das schulfreie Leben kein Idyll von Friede, Freude, Eierkuchen. Trotzdem würden wir nicht wieder tauschen wollen, darum erscheint im Rückblick unser Weg zum Unschooling so verführerisch zwangsläufig, so logisch und gerade, dass ich mich immer wieder zwingen muss, Absätze wie diesen zu schreiben, die mir selbst ins Gedächtnis rufen: Es war und ist eben auch anstrengend, schwierig, führt einen an die eigenen Grenzen." (S. 75f, Familie Stein mit drei Kindern, Deutschland)

 

Andere Schilderungen sprechen mir einfach "aus dem Herzen", wie man so schön sagt:

 

"Was aus den Kindern werden soll? Aber sie `sind` doch schon! Mal autonom, mal anhänglich, mal albern, mal andächtig, mal aufgeschlossen, mal ängstlich. Vor allem sind sie richtig, so wie sie sind. Zu jeder Zeit! An jedem Ort." (s. 95, Familie F. mit zwei Kindern, Deutschland)

 

Wenn das doch nur alle so sehen würden. Dann wäre unsere Welt wohl wesendlich kinderfreundlicher. Bis dahin lesen wir solche tollen Bücher, sammeln Mut und werden mehr:

 

"Alle laufen mit. Es wurde für uns immer unbegreiflicher: Alle laufen mit! Inzwischen lasen wir so viel über die Entwicklung von Menschen, wenn sie frei sich bilden dürfen. Und nicht nur wir wissen inzwischen davon, etliche Wissenschaftler bestätigen dies schon seit vielen, vielen Jahren. Trotzdem: Alle laufen mit. Die, die im Punkt Schulanwesenheitspflicht nicht mitlaufen, lernen wir jetzt kennen. Wir sind beruhigt, dass wir auf sehr unterschiedliche und angenehme Menschen treffen, Freidenker mit spannenden Lebensentwürfen. In ihrer Mitte fühlen wir uns wohl." (S. 43f, Familie Strube mit Alexa, Teo und Fritz, Deutschland)

 

"Wenn ich anderen raten sollte, so würde ich sagen: Vernetzt euch frühzeitig, das trägt und stützt enorm. Fangt früh an, euch Gedanken zu machen und wartet nicht, bis ihr in Schwierigkeiten geraten seid. Und wenn es so ist, dann holt euch Unterstützung. Mutterseelenallein diesen Weg zu gehen, fände ich unerträglich. Es im Bewusstsein zu tun, Teil einer wachsenden, internationalen Bewegung zu sein, finde ich wunderbar." (S. 261, Familie Ende mit zwei Kindern, England)

 

In diesem Sinne: wenn dich das Thema interessiert, dann rede darüber, such dir "Mitdenker" und Unterstützer. Melde dich auch gerne bei mir, denn ich sammel auch noch Mut aktiv zu werden. Und lies darüber, es gibt so viel Spannendes zu erfahren. Ich habe das hier vorgestellte Buch "Wir sind so frei: Freilerner-Familien stellen sich vor" kostenlos als Rezensionsexemplar vom Tologo-Verlag erhalten, doch meine positive Meinung ist davon nicht beeinflusst.


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