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Selbstbestimmung von Kindern ist herausfordend! Wie du sie trotzdem annehmen kannst:

Die Selbstbestimmung von kleinen Menschen ist offensichtlich ein Konzept, welches die meisten großen Menschen herausfordert. Einige Familien und einige Institutionen (wie Kindergärten mit offenem Konzept und freie Schulen) leben die Selbstbestimmung aller Beteiligter ganz selbstverständlich – doch kommen selbst sie wahrscheinlich mit einem anders denkenden Umfeld in Konflikt. Für alle anderen ist nicht nur das Umfeld herausfordernd. Von „wie kann ich bloß gemäß meiner Überzeugung unseren Alltag gestalten“ über „welches Maß an Selbstbestimmung kann ich aktuell aushalten“ bis hin zu „wie kann ich (liebevoll) Grenzen setzen“ ist es letztendlich alles derselbe Hintergrund: Wie schaffe ich den Spagat zwischen dem Bedürfnis aller Familienmitglieder nach Selbstbestimmung sowie meinen tief eingeprägten Glaubenssätzen und den Erwartungen der Umwelt?

Ich habe das große Glück kleine Menschen in meiner Familie zu haben, die mir sehr zuverlässig ihren Wunsch nach Selbstbestimmung in Erinnerung rufen. Und obwohl es wirklich oft eine große Herausforderung ist dem gerecht zu werden, so bin ich ehrlich dankbar dafür. Denn vom Kopf her bin ich absolut überzeugt, dass es wirklich ihr Recht ist über sich selbst zu bestimmen. Nicht eine Nettigkeit, die ich ihnen gelegentlich zugestehen kann. Und auch nicht eine „Dickköpfigkeit“, die ich gelegentlich durchgehen lasse. Es ist ihr Recht, weil ihre Meinung nicht minder wertvoll und berechtigt ist als meine Meinung. Und weil ihre Gedanken und ihre Körper nun einmal ihr „Hoheitsgebiet“ sind und nicht meines – theoretisch ist also völlig klar, dass jeder über sich selbst bestimmen darf.

 

Doch ich bin nicht so aufgewachsen, bin völlig anders geprägt. Und das macht sich täglich bemerkbar: Dann will ich eine Entscheidung von einem Räuberkind manipulieren oder unterdrücken. Dann hab ich eine Vorstellung vom Ablauf unseres Alltags und bin nicht darauf vorbereitet sie in Augenhöhe mit jedem Einzelnen zu diskutieren. Dann lande ich in Machtkämpfen über Dinge, in denen mir eigentlich kein Entscheidungsrecht zusteht. Nicht selten kommen dann auch noch Wut, Ärger und Dickköpfigkeit von meiner Seite ins Spiel - meine Räuberkinder haben es nicht immer leicht mir mir :-) Ich behaupte gelegentlich es sei anders herum. Doch nach gründlicher Überlegung komme ich meistens zu der Einschätzung, dass das Verhalten des beteiligten Kindes nachvollziehbar war, während sie meine Verhaltensweise nicht immer nachvollziehen können.

 

Ich vermute, es geht nicht nur mir so. Die Frage ist nun, was wir großen Menschen damit machen. Versuchen die Kinder zu verändern? Oder einsehen, dass ich hier ein entscheidender Faktor bin? Ersteres ist auf gewisse Weise die einfachere Lösung: sie sind „schuld“ und es wird sich schon eine Methode finden um sie dorthin zu bringen wo ich sie haben will. Doch was passiert, wenn ich statt die Kinder zu manipulieren lieber auf mich selbst schaue. Und in mich hinein fühle, warum mir das, was offensichtlich einer (oder alle) der Räuber will, so missfällt.

 

Manchmal komme ich dann zum Schluss, dass ich definitiv gute Argumente habe: beispielsweise in Fragen des gesunden Essens. Wenn ich das Gefühl habe, dass hier gerade eher weniger gesund gegessen wird, dann empfinde ich es als gerechtfertigt, für einen Richtungswechsel verantwortlich zu sein. Die Frage ist dann eben, wie ich über ein Verändern der Umstände und über Gespräche unser aller Essverhalten verbessern kann. Nicht über Ge- und Verbote. Außerdem stelle ich mir die Frage, wo wir grundsätzlich in dieser Angelegenheit hin wollen. Und wie wir da eben Schritt für Schritt hinkommen – langsam aber dafür nachhaltig und gemeinsam.

 

Auf der anderen Seite komme ich aber auch immer wieder zum Schluss, dass die Meinung des jeweiligen Kindes genauso berechtigt ist, wie meine eigene. Manchmal sogar, dass ich meine Unzufriedenheit mit einer Situation auf das Kind projektiere. Ein Beispiel ist hier das Rausgehen im Winter: im Sommer leben wir quasi auf der Terrasse und im Garten – Frischluft und Bewegung sind da überhaupt kein Thema. Doch wenn hier der ungemütliche norddeutsche Winter mit grauem Regenwetter einsetzt, dann kuschel ich mich lieber zuhause ein als täglich lange rauszugehen. Schon garnicht lange auf Spielplätzen zu frieren. Zweien meiner drei Räuber geht es ähnlich und der dritte passt sich uns langsam an. Zuerst haben wir mit den Weihnachtsvorbereitungen sowie vorweihnachtlichen Unternehmungen auch immer viel vor. Doch im Januar wird es langsam schwierig: uns allen fehlt Frischluft und Bewegung, doch jeder äußert dies auf eine andere Art. Diejenige der Räuber wird jeden Tag anstrengender und so versuche ich sie zum alleine draußen spielen zu animieren – leider wenig erfolgreich. Dann wünsche ich mir die Befehlsgewalt über sie als einfache Lösung und erwische mich gelegentlich bei Erpressungs- und Manipulationsversuchen. Ein Machtkampf entsteht, denn ich nie wollte und der völlig unsinnig ist. Doch es braucht jedes Jahr eine Zeit der Reflexion bis ich bemerke, dass meine Unzufriedenheit die Kinder unfair kritisiert und dass es viel eher meine Aufgabe ist, für mich selbst Verantwortung zu übernehmen. Sobald ich rausgehe werde ich viel entspannter und zufriedener. Und plötzlich kommen dann auch die Kinder mit raus und beginnen wieder draußen zu spielen.

 

Das faszinierende ist, dass es eben wirklich oft ausreichend ist für mich selbst Verantwortung zu übernehmen und ein gutes Vorbild zu sein. Ich muss die Kinder nicht manipulieren. Es reicht oft sich mit mir selbst auseinander zu setzen und ein Vorbild darin zu sein, gut für mich selber zu sorgen. Und den Kindern Zeit zu geben sich ihre eignen Gedanken zu machen und irgendwann entweder meinem Vorbild zu folgen oder eine andere, eigene Lösung zu finden.

 

Ich denke auch darin liegt der Zauber eines respektvollen und bedürfnisorientierten Umgangs miteinander: statt mein eigenes Verhalten und meine eigenen Bedürfnisse sowie unsere Beziehungspflege gewissermaßen auszublenden und uns alle an den Erwartungen des „das macht man so“ auszurichten, geht es um genaues Hinschauen. Warum handelt das Kind so? Und warum stört mich dieses Verhalten so außerordentlich? Dann kann ich entweder für mich oder zusammen mit dem Kind eine Lösung finden. Und dann muss ich die Selbstbestimmung des Kindes nicht einschränken um das Problem zu lösen.

 

Selbstbestimmung von Kindern ist herausfordernd!

Aber sie ist es wert gelebt zu werden.

Was meinst du?

 

Wenn Selbstbestimmung von Kindern eine Herausforderung ist helfen vielleicht meine Tipps weiter?
Selbstbestimmung von Kinder ist eine Herausforderung! Nimm sie an, denn sie ist es wert gelebt zu werden!

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