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Selbstbestimmte Kinder - Wie geht das und warum eigentlich?

 

Meine Kinder haben viele Freiheiten. Meistens finden wir alle dieses Zusammenleben ganz wunderbar. Doch es gibt Situationen – Schlafenszeiten und die Entscheidung was wann gegessen wird zum Beispiel – da möchten wir Eltern gerne Einfluss nehmen. Teils wirklich im Interesse des Kindes, oft aber auch um uns das Leben einfacher zu machen. Manchmal wäre „ich mache eine Ansage und mein Kind hört auf mich“ so schön einfach. Doch wenn ich es versuche, bekomme ich „Ich kann selber über mich bestimmen!“ als Antwort. Für viele ein Hinweis darauf, dass meine Kinder viel zu viele Freiheiten haben. Läuft da etwas schief? Und wie kann man damit umgehen?

 

 

Gerade abends haben wir gerade sehr viel Unruhe: eine kleine Nachteule kommt hier abends nur sehr schwer zur Ruhe und in Schlafstimmung. Theoretisch besteht auch keine Notwendigkeit – weil dieser Räuber ausschlafen könnte. Aber wir haben erstens noch ein Schulkind (muss morgens hoch) und einen Frühaufsteher – da besteht nun einmal abends Ruhebedarf und auch die Notwendigkeit, für diese beiden eine Einschlafatmosphäre zu gestalten. Und zweitens sind wir Eltern auch irgendwann nicht mehr in Spiel- bzw. Kinderbetreuungslaune. Doch „Jetzt ist Schlafenszeit und du bleibst im Bett!“ wird mit „Ich kann über mich selber bestimmen und ich will nicht!“ beantwortet. Mein Räuber flitzt dann weg.

 

Der herkömmliche Weg wäre es wohl diesen Einspruch zu ignorieren und das Kind doch ins Bett zu stecken. Ich bin hier der Erwachsene, ich bin der Bestimmer. Außerdem bin ich sowieso stärker und manipulativ geschickter als du. Je kleiner bzw. weniger willensstark das Kind, desto einfacher ist es den resultierenden Machtkampf zu gewinnen. Aber machen wir uns nichts vor: der Wille des Kindes wird in Bezug auf diese spezielle Situation gebrochen. Der Erwachsene ist mächtiger und das Kind ist der Verlierer – die Ansicht des Erwachsenen war wichtiger als das Selbstbestimmungrecht des Kindes. Ist das gerechtfertigt?

 

Selbstbestimmung als Kinderrecht?

 

Für mich ist es grundsätzlich fragwürdig, warum ein Mensch Macht über einen anderen besitzen sollte. Früher durften die Männer über ihre Frauen bestimmen und damit waren ganz klar die Männer bedeutsamer als die Frauen. Frauen galten als schwach, unlogisch und unvernünftig – natürlich musste da die Verantwortung beim Mann liegen. Heute haben Männer und Frauen die gleichen Rechte und Pflichten und sie sind selbstverständlich gleichwertig und gleichwürdig. Obwohl sich genau diese Entwicklung vermutlich einige Männer nicht vorstellen konnten. Obwohl es am Anfang höchstwahrscheinlich eine riesige Herausforderung in vielen Beziehungen war. Und trotzdem stellen wir dies heute nicht mehr in Frage. Aber Kinder? Kinder gelten nach wie vor als unvernünftig, unlogisch und schwach. So dürfen sie keine Verantwortung für sich selbst übernehmen. Dürfen nicht über sich selbst bestimmen.

 

Deshalb erstreckt sich elterliche Macht oft nicht nur auf kritische Bereiche wie das durch Erfahrung erlernte Einschätzen von Verkehrssituationen um sicher über die Straße zu kommen. Da schützen wir unsere Kinder und da ist es nötig – weil kleinere Kinder erst nach und nach ihre Erfahrungen mit dem Straßenverkehr machen. Und da ist ein Schutz auch notwendig, versteht sich von selbst.

 

Doch in sehr vielen Situationen herrscht keine Gefahr für unsere Kinder. Und trotzdem bestimmen wir für bzw. über sie und denken ganz im Sinne der Kinder zu handeln – egal ob beim Essen, beim Schlafen oder beim Fernsehgucken. Schließlich wissen wir Eltern, wie wichtig beispielsweise gesundes Essen, ausreichend Schlaf und möglichst wenig Fernsehzeit für unsere Kinder sind. Sie scheinen dies nicht unbedingt immer einzusehen, doch wir wollen nur das Beste für unsere Kinder. Manchmal ist es uns auch völlig klar, dass hier Meinung gegen Meinung steht, aber wir Erwachsenen gewichten unsere Meinung im Zweifelsfall als wichtiger - also nutzen wir unsere Macht.

 

Das finde ich nicht gerechtfertigt. Aus der theoretischen Überlegung heraus, dass alle Menschen gleichwertig sind und somit auch die gleichen Selbstbestimmungsrechte haben müssen – nicht erst, wenn sie volljährig sind. Aber auch deshalb, weil meine Kinder lernen sollen gute Entscheidungen für sich selbst zu treffen. Ich glaube nicht daran, dass irgendwann in der Pubertät oder mit 18 ein Schalter umgelegt wird und plötzlich weise Entscheidungen möglich sind. Vielmehr glaube ich, dass verantwortungsbewusstes Handeln und gute Entscheidungen treffen Lernprozesse sind, die schon ganz kleine Kinder angehen – wenn wir es nicht verhindern. Das heißt nicht, dass schon ganz kleine Kinder in unseren Augen wohlüberlegte, sinnvolle Entscheidungen treffen werden. Aber sie werden mutig Entscheidungen treffen – manche richtig und manche falsch. Wir können sie begleiten und unterstützen, wenn sie beispielsweise die Folgen nicht abschätzen können oder Hilfe beim Einordnen der Ergebnisse brauchen. Und so haben sie die Möglichkeit gute Entscheidungen treffen zu lernen. Das möchte ich stärken und deshalb dürfen meine Kinder in sehr vielen Bereichen eigene Entscheidungen treffen, in denen viele andere Kinder auf die Ansagen ihrer Eltern hören müssen.

 

Was Selbstbestimmung der Kinder im Alltag bedeutet und wie es funktionieren kann?

 

Es bedeutet vor allem ein Umdenken und Umlernen auf Elternseite: Wir zwingen beispielsweise niemanden zum Essen oder zum Schlafen (sofern man überhaupt ein Kind zum Schlafen nötigen kann). Vielmehr können unsere Kinder grundsätzlich dann etwas essen, wenn sie Hunger oder Appetit verspüren. Natürlich haben wir ein Interesse daran, dass sich unsere Kinder möglichst gesund ernähren und wir essen auch gerne gemeinsam als Familie. Auch das Schlafen handhaben wir ohne Zwang – es gibt zwar einen abendlichen Rhythmus, der schlafend im Bett endet, doch ist dieser zeitlich flexibel. Auch hier haben wir Eltern eine Idealvorstellung. Und wir achten abends noch Stärker auf die eigenen Bedürfnisse, da unsere Energiereserven ebenfalls abends schwinden.

 

In beiden Fällen ist ein „Ich bestimme über dich“-Ansatz kurzfristig vielleicht die leichtere aber nicht die einzige Herangehensweise. Und so erarbeiten wir uns immer mehr Strategien, wie wir ein harmonisches, selbstbestimmtes Familienleben führen können in dem alle Familienmitglieder auf ihre Kosten kommen.

 

Beispiel für kindliche Selbstbestimmung: selbstgemachtes Abendessen wird auch gegessen
Von der Prinzessin komplett alleine vorbereitetes Abendessen - natürlich isst sie dann mit uns Brot und organisiert ihre Brüder dazu

Im Fall Essen bedeutet dies beispielsweise, dass insbesondere gesunde Lebensmittel jederzeit zur „Selbstversorgung“ bereitstehen: Obst und Gemüse, Nüsse, Haferflocken und Naturjogurt beispielsweise. Auch gerne mal Vollkornkräcker, Salzbrezeln oder Obstsaft-Eis, gesunde Muffins und Waffeln – welche wir bei Gelegenheit gemeinsam backen. Außerdem reden wir oft mit den Räuberkindern darüber, warum welche Lebensmittel gesund bzw. ungesund sind und wovon man viel bzw. eben weniger oft essen sollte um gesund zu bleiben. Auch wenn Süßigkeiten und süße Getränke oft stärker sind, so wollen die Kinder ihrem Körper gutes tun. Und so wählen sie regelmäßig etwas Gesundes. Gleichzeitig machen wir ihnen dies so leicht wie möglich.

 

Und gemeinsame Essenszeiten verstehen wir eher als Einladung als ein Muss: Einem zusammen schön gedeckten Tisch und gemütlicher Familienatmosphäre kann kaum jemand widerstehen und so essen wir oft zusammen. Wir Eltern betonen auch immer wieder, wie gerne wir zusammen mit den Kindern essen. Und trotzdem entscheidet sich gelegentlich jemand dafür lieber eine CD weiter zu hören etc. und deshalb alleine zu essen. Auch dass ist für uns ok, weil wir Familienzeiten eben nicht nur beim Essen erleben – wenn die Essenszeit nicht mir Ansprüchen und Erwartungen überladen ist, ist sie einfach ein Baustein im Familienalltag und relativ entspannt.

 

Entspannte Mahlzeiten mit Kindern: Wer auch mal alleine essen darf genießt freiwilliges gemeinsames Essen viel mehr.
Entspanntes Nebenbei-Frühstück im Kinderzimmer - machmal ist anderes wichtiger

Beim Schlafen arbeiten wir noch stärker an einer guten Lösung. Die Prinzessin darf gerne noch bei uns malen etc., wenn sie tatsächlich nicht müde ist. Gleichzeitig ist ihr aber bewusst, dass sie wegen der Schule und ihrer Laune am nächsten Tag ausreichend schlafen sollte. Außerdem ist ihr klar, dass wir Eltern abends stärker mit unseren eigenen Dingen beschäftigt sind – das funktioniert also meist ganz gut. Allerdings sind die beiden kleinen Räuber nun so alt, dass sie abends nicht mehr völlig unkompliziert einschlafen, sobald unser abendlicher Rhythmus im Bett endet. Gleichzeitig unterschätzen sie ihr Schlafbedürfnis und gestehen sich gerne selbst nicht ein, wie müde sie sind. Es ist auch nicht so einfach, die eigene schlechte Laune und Empfindlichkeit mit zu wenig Schlaf in Verbindung zu bringen. Besonders, wenn man den Kopf voller Ideen hat und wenn endlich beide Eltern greifbar sind anstatt mit Haushalt und Co beschäftigt zu sein. Also arbeiten wir gerade kräftig an diesem Thema: versuchen mit passenden Umständen zu unterstützen, gutes Vorbild zu sein und immer wieder über die Zusammenhänge zu reden.

 

Es kostet Zeit und Kraft gemeinsam gute Lösungen zu finden und offensichtlich falsche Entscheidungen der Kinder auszuhalten. Tagelang „schwierige“ (weil müde) Kinder ist nicht unbedingt ein Vergnügen. Aber ich bin überzeugt davon, dass es das wert ist.

 

Denn wir betreiben gerade intensive Beziehungsarbeit: Ich mag dich auch dann, wenn du dich nicht vorbildlich verhältst. Ich helfe dir zurecht zu kommen, wenn du so mit dir selber beschäftigt bist, dass du dich nicht von deiner besten Seite zeigen kannst. Und wir arbeiten zusammen daran, dass wir alle Bedürfnisse unter einen Hut bekommen. Wir wachsen aneinander und miteinander. Das fühlt sich sehr lebendig und sehr gut an.

 

Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass nur selbstbestimmte Menschen auch Verantwortung übernehmen können. Verantwortung für sich selbst aber auch für die Wirkung ihres Handelns auf andere. Und genau das ist einer der wichtigsten Bereiche, in denen meine Kinder fit für ihr ganzes Leben (sowohl als Kind als auch als Erwachsener) sein sollen. Ich wünsche mir mehr selbstbestimmte, verantwortungsbewusste Menschen – also ist es eine wunderbare Möglichkeit als ganze Familie daran zu arbeiten.

 

Wie siehst du das:

Ist soviel Selbstbestimmung wie möglich erstrebenswert oder eher unnötig? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

 

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Warum meine Kinder selbst bestimmen dürfen und wie wir das konkret im Alltag handhaben.
Selbstbestimmte Kinder - Wie geht das und warum eigentlich?

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Kommentare: 4
  • #1

    Claudia (Montag, 29 Januar 2018 12:07)

    Guten Morgen!

    Auch ich finde so viel Selbstbestimmung wie möglich für unsere Kinder erstrebenswert.
    Und stoße täglich an Grenzen, die aus verschiedenen Gründen resultieren. Meine Kinder sind 6,5 Jahre, 5 und 2. Manchmal erkläre ich mir den Mund fusselig, warum ich eine alternative Wahl treffen, ein anderes Handeln in einer bestimmten Situation für überlegter halten würde. Auch die von Dir angesprochene Abendsituation ist bei uns immer schwierig.
    Dennoch möchte ich meinen Kindern nichts aufzwingen, bloß weil ich erwachsen bin. Ob es überhaupt immer möglich ist, halte ich sowieso für fraglich.
    Meine jüngste Tochter zog sich im Sommer in der Stadt die Schuhe aus und ging trotz Warnung vor Scherben barfuß. Nun gut, dann haben wir eben gemeinsam die Augen aufgehalten. Die Jüngste möchte lieber Butter pur essen als auf Brot - ich wüßte kein schlagende Gegenargument.
    Unter Streß und Zeitdruck (der Große geht in die erste Klasse, die beiden anderen in ein Montessori Kinderhaus) immer die richtigen Worte zu finden, fällt mir oft schwer. Dennoch halte ich die Selbstbestimmung in allen Altersgruppen für ein estrebenswertes Familienkonzept. Wenn man es so nennen kann.

    Schreib bitte weiter in Deinem Blog - ich find die Einblicke toll! Liebe Grüße!

  • #2

    Maria (Montag, 29 Januar 2018 13:44)

    Liebe Claudia,
    danke für deinen Kommentar!
    Ich finde es auch sowohl erstrebenswert als auch unglaublich herausfordernd. Doch immer wieder merke ich, dass die eigentliche Herausforderung in der Auseinandersetzung mit meinen Glaubenssätzen und Erwartungen liegt und nicht im Umgang mit dem Kind. Aber es ist ja auch kein Wunder. Wir sind anders aufgewachsen und wir sind gewissermaßen Pioniere auf einem neuen Weg - uns fehlt einfach die Sicherheit des Altbekannten und auch die Sicherheit des "alle machen es so". Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir in die richtige Richtung gehen! Auch wenn wir eben ein paar Umwege einplanen müssen :-)

    Mir fällt es oft überhaupt nicht leicht - aber meine Kinder erinnern mich zuverlässig an ihren Wunsch nach Selbstbestimmung. Und wenn ich wiedermal nicht richtig reagiert habe, kann ich mich ja bei ihnen entschuldigen - sie vergeben viel schneller als ich es oft kann. Und von ganzem Herzen. Außerdem ist es für sie wohl auch beruhigend, dass Eltern ebenfalls Fehler machen und falsche Entscheidungen treffen.

    Ich arbeite daran, diesen Blog nicht einschlafen zu lassen. Manchmal ist es eine Herausforderung Zeit zum Schreiben und dem ganzen Drumherum zu finden, aber es liegt mir am Herzen. Und wenn ich so nette Kommentare bekommen, dann erst recht :-)

    Liebe Grüße,
    Maria

  • #3

    Ilona (Montag, 24 August 2020 10:00)

    Ich bin gerade hier über deinen Blog gestolpert weil ich ähnliches bei unserem Kind vermute... Allerdings fällt es mir noch schwer, einzuordnen ob es wirklich um Selbstbestimmung geht was ich akzeptieren kann oder doch Grenzen gesetzt werden müssen... Juul unterscheidet ja auch zwischen autonomen Kindern und kleinen Diktatoren die mehr Erziehung brauchen, und irgendwie will ich auch alles richtig machen. Wann wusstest du das bei deinen Kindern? Bei unserem anderthalbjährigen Kind hat man manchmal das Gefühl die "Trotzphase" (ja ich weiß, so heißt es heute nicht mehr) wäre vorverlegt. Wenn es anders läuft als es möchte, ist die Wut immer sehr groß und manchmal überfordert mich das dann, weil es ja irgendwie schon Sachen gibt, die einfach gemacht werden müssen (zb raus aus der Badewanne). Tatsächlich ist ja auch das Verständnis der Umgebung eigentlich nicht da, weil wir alle aus einer Zeit stammen wo streng sein irgendwie dazu gehörte und alles andere unter anti autoritäre Erziehung fällt und misstrauisch beäugt wird (zum Teil auch innerhalb der Familie). Ich kämpfe also an mehreren Fronten und versuche da einen guten Weg zu finden :-/

  • #4

    Maria von OstSeeRäuberBande (Donnerstag, 27 August 2020 11:53)

    Liebe Ilona,
    danke für deinen Kommentar! Ich kann mir vorstellen, dass es eine ganz schön herausfordernde Angelegenheit ist, wenn der kleine Schatz mehr und mehr seinen eignen Willen entdeckt und selbst bestimmen will - darauf hat uns ja niemand wirklich vorbereitet und ich fand es bei allen Kindern eine Herausforderung.
    Bevor ich gleich zum Thema komme möchte ich auf das Bedürfnis alles richtig zu machen eingehen: natürlich wollen wir das Beste für unser Kind und haben damit den Anspruch an uns es richtig zu machen. Das kenne ich auch sehr gut von mir. Auch spielt da ja leider viel gesellschaftliches Ansehen mit rein, weil jeder eine (häufig unterschiedliche) Meinung hat wie alles richtig zu sein hat. Doch das bringt uns nicht weiter. Zum einen stresst und verunsichert dieser Perfektionismus uns Mütter viel zu häufig. Zum anderen können wir uns aber auch schlechter auf eine immer tiefer wachsende Beziehung zum Kind einlassen, wenn wir der Außenwelt so viel Raum und Einfluss zugestehen. Und als drittes senden wir ein sehr fragwürdiges Signal an unser Kind: wir sind nur richtig, wenn wir perfekt sind kann in Kinderaugen nämlich schnell auch ich werde nur geliebt, wenn ich alles richtig mache werden. Ich weiß, wie schwer es ist seinen eigenen Weg zu gehen und sich gedanklichen Abstand zu "man muss ..." zu erarbeiten, aber ich kann es von Herzen empfehlen.
    Und zum Thema Selbstständigkeit: Ich kenne Juuls Argumentation nicht (könntest du mir da ein Buch nennen?) und weiß daher nicht, woran er festmachen will, wer nun ein autonomes Kind ist und wer eher Richtung Diktator geht. Für mich stellt es sich anders dar: alle Kinder suchen einen sicheren Hafen (dabei orientieren sie sich ungemein an uns) und alle Kinder wollen selbstwirksam sein und für sich und ihre Bedürfnisse/Wünsche/ Ideen einstehen. Es ist der stetige Widerspruch zwischen ich und die anderen, in dem auch wir Erwachsenen einen Weg zwischen Selbstverwirklichung und Teil einer Beziehung/Familie/Gesellschaft sein finden müssen. Aus dieser Überlegung heraus sowie dem grundsätzlichen Menschenbild, dass alle Menschen gut sein wollen und eine Behandlung auf Augenhöhe anstatt ein fremdbestimmtes Überformen durch Erziehung verdient haben, würde ich immer hin zu Selbstbestimmung soweit möglich akzeptieren tendieren. Das bedeutet in meinen Augen jedoch nicht, dass Kind machen kann was es will. Denn Kind bewegt sich nun einmal in einem Familien- und Gesellschaftsgefüge und Respekt und Bedürfnisse beachten geht in beide Richtungen - was zugegebener Maßen ein großer Lernprozess (auf allen Seiten) ist. Wir suchen meistens Lösungen, die für alle Beteiligten funktionieren wie beispielsweise: das Badewasser wird langsam kalt? Ich könnte dich jetzt abtrocknen und dann machen wir xy. Oder wir warten noch und ich setze mich mit einem Buch daneben. Oder wir ziehen gemeinsam den Stöpsel und du bleibst solange in der Wanne, wie das Wasser wegläuft... Es ist der anstrengendere aber langfristig auch der lohnendere Weg! Und unsere eigene innere Entwicklung ist dabei oft mindestens so groß wie die Entwicklung der Kinder ;-) Das kann die Umgebung nur leider selten sehen und wertschätzen. Aber bei meiner Großen, jetzt 11, hören wir sehr oft, wie sozial kompetent sie doch ist, denn da merkt man so langsam einen großen Unterschied im Vergleich zu autoritär erzogenen Kindern.
    Ich kann diesen Weg nur empfehlen und antworte gerne auf weitere Fragen.
    Alles Gute und beste Grüße von der Ostsee!
    Maria von OstSeeRäuberBande