Schule - nein Danke! Warum wir uns für ein weiteres Jahr Kindergarten entschieden haben und wie mich das zum Thema Vorschule brachte

"Ihre Tochter ist sechs Jahre alt? Na dann kommt sie ja sicher dieses Jahr in die Schule."


Wer ein Vorschulkind hat, dem kommt der Satz sicher bekannt vor. Doch ist Schule tatsächlich das Wichtigste und einzig Richtige für eine ganz frisch Sechsjährige? Heißt schulreif auch gleich alles außer Schule ist unangebracht? Muss ich dem kindlichen Wunsch auf Schule nachgeben, obwohl mein Bauchgefühl etwas anderes sagt?

Mit gerade 6 einschulen?

In Schleswig-Holstein sind alle Kinder, die im Sommer und Herbst sechs Jahre alt werden sogenannte Kann-Kinder, d.h. sie können auf Antrag der Eltern in die Schule, müssen aber noch nicht. Durch diese Wahlfreiheit hatten wir die Möglichkeit selbst über den Schulbeginn unserer Prinzessin zu entscheiden, was aber nicht leicht war.

 

Vieles sprach für eine Einschulung diesen Sommer:

  • unsere Prinzessin wollte unbedingt in die Schule kommen
  • Langeweile im Kindergarten und an Zuhausetagen
  • sie spielt gerne mit Älteren
  • die besten Freundinnen kommen in die Schule
  • mit einer befreundeten Nachbarstochter könnte sie zusammen zur Schule gehen und hätte gleich eine Freundin in der Klasse
  • sie interessiert sich schon sehr lange für Buchstaben und Zahlen
  • sie möchte gerne Schreiben und Lesen lernen
  • sie ist ein sehr selbstständiges Kind, kämpft gegen jeden Entscheidungsgewalt von uns Eltern an, und deshalb würde die Selbstständigkeit der Schule ihr sicher guttun
  • der Kinderarzt hat sie um ihren 5. Geburtstag schon als schulreif bezeichnet und meint, dass es keinen Grund gäbe das kindliche "Ich will lernen" nicht zu unterstützen
  • mein Bruder (auch ein Sommergeburtstagskind) hat sich am Ende seiner Kindergartenzeit wohl sehr unausgelastet gefühlt - aber er musste in seinem Kindergarten sogar nocht Mittagsschlaf machen

Doch genauso sprach auch Vieles dagegen:

  • sie ist noch sehr verspielt, was besonders beim Umgang mit ihren älteren Freundinnen auffällt
  • sie ist ein absolutes Tobekind, sobald eine Beschäftigung ihre Attraktivität verliert kann sie nicht mehr ruhig sitzen
  • der offizielle Schulreife-Test der Stadt ergab mit 5 1/2 Jahren definitiv schulreif, aber zwei wichtige Entwicklungsziele noch nicht erreicht und außerdem sehr schüchtern (ist sie nicht gerade oft), so dass der Psychologe ein weiteres Kindergartenjahr empfohlen hat
  • ihre Erzieherin meint, dass sie immer im Schatten der Älteren steht und wir ihr doch ein Jahr als Älteste gönnen sollten
  • ich bin ebenso wie mein kleiner Bruder erst mit 7 eingeschult worden und wir hatten es in der Schule immer sehr leicht
  • in der Schule werden die Leistungen der Kinder miteinander verglichen und 1 Jahr mehr macht in dem Alter sehr viel aus, d.h. sie hat eine Art eingebauten Nachteil (z.B. im Sport, beim lange Konzentrieren) der sie demotivieren könnte
  • die Schulfreundinnen reden später über Jungs während sie noch Spielen will - eine Bekannte hat darunter als Kind sehr gelitten

Unsere Entscheidung und Fragen, die unser nächstes Jahr bestimmen werden

Über ein Jahr lang haben wir uns darüber den Kopf zerbrochen.  Die Prinzessin erzählte schon, dass sie ab 5 auch ein Vorschulkind sei und nahm uns diese Überlegungen sehr übel. Letztendlich haben wir deshalb auf Drängen der Erzieherin vor einem halben Jahr entschieden anstatt bis kurz vorher zu warten.  obwohl man gerade jetzt am besten beurteilen kann, was die Entscheidung für uns bedeutet.

 

Trotzdem steht für uns fest: Unsere Prinzessin wird mit ihren gerade ganz frischen 6 Jahren dieses Jahr noch nicht in die Schule kommen.

 

Als wir diese Entscheidung getroffen haben, war sie noch sehr verspielt und ein Jahr mehr Spielen im Kindergarten erschien uns passender. Trotzdem gibt es auch immer wieder Mal- und Schreibphasen in ihrem Spiel, in denen sie dann sehr viel am Tisch arbeitet.  Es ist spannend zu beobachten, wie diese Phasen immer ausgeprägter werden.

 

Aber es bringt mich auch ein wenig zum Zweifeln, ob unsere Entscheidung richtig ist. Deshalb stelle ich mir die Frage nach der Gestaltung unserer Vorschulzeit. Inwieweit können und möchten wir sie in ihrer spielerischen Auseinandersetzung mit der Welt der Buchstaben und Zahlen unterstützen? Wollen wir das fördern oder besser ausbremsen, damit sie sich anfangs in der Schule nicht langweilt?

Warum nicht einfach nur Spielen?

Unsere Großen sind in ihrem Kindergarten sozial sehr gut aufgehoben. Doch insbesondere für die Prinzessin wünsche ich mir mehr Anregungen und mehr spannende Materialien. Nachdem die sozialen Strukturen etabliert und der Umgang miteinander geübt ist, sind eigenlich wieder Ressourcen für andere Lernaufgaben frei geworden.

 

Das haben wir ganz deutlich gemerkt: in der Krippe sowie mit 3 in der großen Gruppe war alles spannend und anstrengend. Da hat ein normaler Tag völlig gereicht und sie war ausgelastet und zufrieden. Doch ab 4 maulte sie immer wieder, dass es so langweilig ist im Kindergarten. Klar spielt und streitet sie viel und gerne mit ihren Freundinnen. Und gelegentlich unternimmt die ganze Gruppe auch etwas gemeinsam. Aber zu oft ist den ganzen Tag freies Spiel mit altbekannten Materialien angesagt.

 

Es ist so schade, wenn die kindliche Wissbegier nicht aufgenommen und gefördert wird. Natürlich soll sie hauptsächlich spielen und natürlich soll sie manchmal auch Langeweile erleben, weil es eben auch Raum für eigene Ideen schafft. Aber das Kind braucht auch geistigen Input. Und die Richtung hin zu den Buchstaben und Zahlen sucht sie sich immer wieder einmal aus.

 

Wenn ich solches Interesse bemerke, möchte ich so gut es geht auch darauf eingehen. Ist doch toll, wenn sie solche elementaren Fähigkeiten selbst nachfragt. Wenn sie lernen will. Und wenn man über den Tellerrand schaut, dann dürfen sich die Kinder im Montessori-Kindergarten schon ab 3 mit Buchstabenmaterialien beschäftigen. Die einzige Vorschule in Kiel bietet auch diese Möglichkeit, doch sie ist in einen anderen Kindergarten eingebunden. Auch viele meiner gerne gelesenen Homeschooling-Blogs aus den USA beschreiben, dass ihre Kinder weit vor der eigentlichen Schulzeit Buchtstabenspielereien und auch Zahlenaufgaben lieben. Einige Kindern lernen damit sogar Lesen und Schreiben, andere spielen mehr mit Buchstaben und bleiben erstmal nur bei ihrem Namen.

Schulrelevante Fähigkeiten spielerisch fördern - mein Ansatz für die Vorschulzeit

 Ich habe mich dafür entschieden, dass ich ihr Interesse unterstützen will. Wenn sich solche "Lernfenster" öffnen finde ich es total schade und auch nicht respektvoll gegenüber dem Kind, diese einfach zu ignorieren oder sogar zu unterdrücken.

 

Natürlich können wir auf die Schule warten und vorher bewundern, wie sie ganz langsam immer mehr alleine lernt - so kann sie mittlerweile die Namen unserer Familienmitglieder sowie ihrer Kindergartenfreundinnen schreiben und lesen. Doch sie hat sehr viel Freude an diversen Vorschul-Rätselheften, malt immer besser und schreibt immer mehr. Dass will ich nutzen um einerseits die wichtige Konzentrationsfähigkeit unauffällig zu trainieren und andererseit kann ich so einen spielerischen Einstieg in die Welt der Grundschule schaffen. Ganz ohne den Leistungsdruck, welcher durch das Vergleichen der Kinder entsteht, können wir mit den Materialien spielen. Da freu ich mich drauf.

 

Und ich hab keine Angst, dass sie sich in der Schule langweilen wird. Erstens glaube ich nicht, dass sie "zuviel" lernen wird, da Lesen und Schreiben einfach so komplex sind, dass sie es im Spiel vermutlich nicht lernt. Und Rechnen tun schon viele Vorschulkinder, da ist der Übergang zur Mathematik eher die Herausforderung das Ganze den mathematischen Schreibregeln anzupassen.

 

Und zweitens glaube ich, dass Lehrer eben auch mit leistungsstarken bzw. vorwissenden Schülern umgehen können sollten. Dazu hab ich hier einen guten Artikel gefunden. Dort aufgeführt ist folgenes Argument: der Lehrplan sieht Schwimmen lernen erst später vor, doch wird kein Sportlehrer den Eltern einen Vorwurf machen, wenn sie ihre Kinder bereits an das Schwimmen herangeführt haben oder sogar schon das Schwimmenlernen unterstützt/ ermöglicht haben. Und genau das trifft es doch, unterschiedliche Fähigkeiten/Vorkenntnisse der Kinder fordern die Lehrer heraus aber sollten sich nicht negativ auswirken. Sollte unsere Prinzessin tatsächlich über absolute Grundlagen hinaus kommen, so ist es dann an uns eine gute Schule zu suchen, welche dies als Gewinn betrachtet. Im übrigen haben wir da bereits eine Schule im Blick...

 

Damit möchte ich euch einladen uns auf unsere Vorschulreise zu begleiten. Wir wollen uns mit den Zahlen 1 - 10 beschäftigen und mit den Buchstaben spielen. Wir möchten viele spannende Dinge untersuchen und Neues kennenlernen. Ich freu mich drauf!

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